Provenienzforschung
Welche Geschichte verbirgt sich hinter einem Kunstwerk? Durch welche Hände ging es? Hat es womöglich eine dunkle Vergangenheit? Die Antwort auf diese Fragen gewinnt immer mehr an Brisanz und Bedeutung.
Umso wichtiger ist die Erforschung der Herkunft von Kunstwerken. Die sogenannte Provenienzforschung hat inzwischen einen hohen Stellenwert. In den zurückliegenden 20 Jahren konnte sie sich als eigener Bereich in den Kunstwissenschaften etablieren. Sie beschäftigt sich mit der möglichst lückenlosen Rekonstruktion der Eigentümerfolge und -verhältnisse. Spätestens seit dem 2016 in Kraft getretenen Kulturschutzgesetz hat das Thema auch für das Auktionswesen besondere Relevanz.
Karl & Faber ist sich dieser Verantwortung bewusst und hat über die Jahre viel Expertise zum Thema Provenienzforschung und Restitution von Kunstwerken entwickelt. So trug das Auktionshaus wesentlich dazu bei, manches dunkle Kapitel zu schließen und praxisnahe, faire und gerechte Lösungen zu finden – für beide Seiten, die Erbenvertreter wie auch die aktuellen Kunstbesitzer.
Einige Beispiele
2011 vermittelt Karl & Faber sehr erfolgreich bei der Versteigerung eines Selbstporträts von Wilhelm Trübner aus der Sammlung des jüdischen Industriellen Berthold Nothmann.
2015 beweist das Auktionshaus sein Verhandlungsgeschick bei Franz von Stucks spektakulärem Gemälde „Die Sinnlichkeit“ aus dem ehemaligen Besitz des jüdischen Ehepaars Flersheim. Nach der Flucht der Ehefrau und des Sohnes im Jahre 1937 wird das Werk vom Deutschen Reich für das Führermuseum in Linz angekauft. Das Ölbild landet nach dem Krieg im Central Collecting Point der US-Armee und wird vom Freistaat Bayern 1963 an den Sammler Carl Laszlo verkauft. Sein Erbe entscheidet sich dank der Vermittlung von Karl & Faber zu einer Einigung mit den Erben der Flersheims. So kann das Gemälde unbelastet von Ansprüchen Dritter für sensationelle 550.000 € (Ergebnis inklusive Aufgeld) zugeschlagen werden.
2017 versteigert Karl & Faber zwei Zeichnungen von Pompeo Batoni aus der Kunstsammlung Fritz Hausmann sowie acht Gemälde von Wilhelm Busch aus der Sammlung Rudolf Neugass und im Jahr darauf zwei Aquarelle von Lovis Corinth aus der Sammlung Curt Glaser. Der Kunsthistoriker und Sammler Professor Dr. Curt Glaser wird Aufgrund seiner jüdischen Abstammung 1933 zwangspensioniert und ist gezwungen, Deutschland zu verlassen. Um seinen Weg ins Exil zu finanzieren, lässt er im Mai 1933 große Teile seiner umfassenden Sammlung bei Max Perl in Berlin versteigern.
In diesen und weiteren Fällen gelingt es Karl & Faber immer wieder, für die Kunstwerke nicht nur Spitzenpreise zu erzielen, sondern zugleich für Einlieferer und Erben eine zufriedenstellende Lösung zu finden.
Um seiner Sorgfaltspflicht nachzukommen betreibt Karl & Faber nicht nur selbst Provenienzforschung. Das Kunstauktionshaus beauftragt auch renommierte Provenienzforscher und lässt zudem vor jeder Versteigerung sämtliche Werke der gedruckten Auktionskataloge vom Art Loss Register mit dessen Datenbestand individuell abgleichen. Das Art Loss Register ist die weltweit größte Datenbank verlorener und gestohlener Kunstwerke.
Außerhalb des Auktionsgeschäfts
Karl & Faber engagiert sich auch außerhalb des Auktionsgeschäfts stark für das Thema Provenienz und Restitution. So findet im November 2016 in den Räumen von Karl & Faber die Veranstaltung „Es bleibt alles anders? Das Kulturschutzgesetz – Eine Positionsbestimmung“ statt. Eine Expertenrunde diskutiert die brennendsten Fragen zur Novelle des 2016 in Kraft getretenen Kulturschutzgesetzes.
Im Mai 2019 nimmt Dr. Rupert Keim an der Podiumsdiskussion des Kolloquiums „Provenienz- und Sammlungsforschung“ im Zentralinstitut für Kunstgeschichte teil. Dessen Forschungsarbeiten unterstützt Karl & Faber auch finanziell.
Im Herbst 2019 tagt bei Karl & Faber die Interessensgemeinschaft Deutscher Kunsthandel zum Thema „Fair und gerecht? Restitution und Provenienz im Kunstmarkt. Praxis. Probleme. Perspektiven“. Die Konferenz beleuchtet das historisch und juristisch komplexe Thema der NS-Raubkunst auch aus Sicht der Marktakteure. Die Keynote „Recht, Gerechtigkeit, Frieden“ hält Professor Dr. Michael Wolffsohn, vielfach ausgezeichneter Historiker, Buchautor und Publizist im Gebiet Zeitgeschichte. Seinen Vortrag können Sie in unserem im Frühjahr 2020 erschienenen „Journal“ nachlesen: Journal 2020 | PDF (S. 36-41)
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