Details

Voss 161/151
Literatur:
Heinrich Voss, „Franz von Stuck. Werkkatalog der Gemälde mit einer Einführung in seinen Symbolismus“, München 1973, S. 277, Nr. 161/151, mit Abb. auf S. 133.
Claudia Gross-Roath, „Das Frauenbild bei Franz von Stuck“, Weimar 1999, S. 215.
Ausstellung:
Franz von Stuck und die Münchner Akademie, Museum für Moderne Kunst, Bozen, 15.6. – 19.8. 1990; Kat. Nr. 82, mit farb. Abb. auf S. 50.
Provenienz:
Kunsthandlung J.P. Schneider, Frankfurt (erworben direkt vom Künstler); Florence und Martin Flersheim, Frankfurt; erworben für das Deutsche Reich von der Kunsthändlerin Maria Almas-Dietrich; Central Collecting Point, München; Freistaat Bayern; Kunsthaus Lempertz, Köln, Auktion 472, 14.3.1963, Los 194; Sammlung Carl Laszlo, Basel; Privatbesitz, Schweiz.

Beschreibung

Der verführerisch entblößte Frauenkörper, umwunden von einer gewaltigen Schlange, ist die einflußreichste Bildschöpfung Franz von Stucks und gehört zu den Schlüsselmotiven des Symbolismus. In zahlreichen Varianten mit den Titeln „Die Sünde“ oder „Die Sinnlichkeit“ zwischen 1891 und 1912 ausgeführt, erregte die Komposition weit über München hinaus Aufsehen, hinterließ Spuren selbst in Thomas Manns Novelle „Gladius Dei“ und beeinflusste Maler wie Edvard Munch, dessen „Madonna“ in vergleichbarer Weise das Sakrale erotisiert. Franz von Stuck reduziert die Geschichte vom Sündenfall auf Eva und die Schlange, die hier, miteinander verschlungen, zum archetypischen Inbegriff der Versuchung werden. Er greift damit einen in seiner Zeit verbreiteten Topos auf, welcher die Frau als Bedrohung des seinen Trieben hilflos ausgelieferten Mannes dämonisiert; Vorbilder finden sich etwa bei Gustave Moreau und Felicien Rops. Gleichzeitig spiegelt Stucks Gemälde das ambivalente Verhältnis seiner Epoche zur Sexualität, die einerseits tabuisiert, andererseits begehrt und im Kontext der Kunst konsumierbar wird. – Von besonderem Interesse ist bei dem vorliegenden Gemälde die Provenienz. Zuerst gehörte es dem jüdischen Ehepaar Florence und Martin Flersheim aus Frankfurt, das über eine bedeutende Sammlung zeitgenössischer deutscher und französischer Kunst verfügte und einzelne Künstler förderte. Martin Flersheim starb 1935, seiner Frau und ihrem Sohn Fritz gelang 1937 die Flucht nach New York, jedoch ohne ihre Kunstwerke; die „Sinnlichkeit“ wurde über die Kunsthändlerin Maria Almas-Dietrich, eine von Hitlers bevorzugen Lieferanten, vom Deutschen Reich für das geplante Führermuseum in Linz erworben. Bis zum Ende des Krieges nach Altaussee ausgelagert, gelangte das Bild nach Kriegsende in den Central Collecting Point nach München. Da den Alliierten die Herkunft aus der Flersheim-Sammlung nicht bekannt war, übergaben sie das Gemälde dem Freistaat Bayern, der es 1963 versteigern ließ. So gelangte es in die Sammlung des Baseler Psychoanalytikers Carl Laszlo, der als ungarischer Jude selber mehrere Konzentrationslager überlebt hatte. Bevor es zu einer Einigung mit den Erben Flersheims kommen konnte, verstarb Carl Laszlo. Sein Erbe entschied, dem Geist des Washingtoner Abkommens zu entsprechen, sodass das Bild nun nach der im Juni 2015 erfolgten vertraglichen Einigung von etwaigen Restitutionsansprüchen befreit ist.

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