Details

Jane Kallir hat die Echtheit dieser Zeichnung bestätigt und nimmt die Arbeit in ihrem Archiv unter der Nummer D2455a auf.

Literatur:
Husslein-Arco, A. & Kallir, J., Egon Schiele, Self-portraits and portraits, München/New York, 2011, Kat.-Nr. 89, S. 201.

Ausstellung:
New Worlds. German and Austrian Art 1890-1940, Neue Galerie, New York 2001/02;
Egon Schiele. The Ronald S. Lauder & Serge Sabarsky Collections, Neue Galerie, New York 2005/06, Kat.-Nr. D158, S. 316, mit Abb.;
Life in Motion: Egon Schiele/ Francesca Woodman, Tate Liverpool, 2018, S. 69, ohne Abb.

Provenienz:
August Lederer, Wien, direkt beim Künstler erworben;
Erich Lederer, Wien & Genf, durch Erbfolge;
Elisabeth Lederer, Genf, durch Erbfolge;
De Pury & Luxembourg Art, Genf, aus dem Nachlass von Vorgenannter 1998 erworben;
Sammlung Ronald S. Lauder, New York, erworben 1999;
Privatsammlung, Europa, bei Vorgenannter erworben;
Christie’s, London 7.2.2013, Los 221;
Thomas Le Claire, Hamburg, ab 2014;
Privatbesitz, Großbritannien.

Beschreibung

• Porträt des bedeutenden Wiener Mäzens und Sammlers August Lederer
• Prägnante Zeichnung mit meisterhaft reduzierter Linie
• Aus der Sammlung des Sohnes Erich Lederer, der Egon Schiele maßgeblich förderte

Der Großindustrielle August Lederer ist einer der wichtigsten Sammler und Kunstmäzen der Wiener Secession. Gemeinsam mit seiner Frau Serena fördert er vor allem Gustav Klimt, von dem sie neben vielen weiteren Werken die skandalumwobenen Deckengemälde „Jurisprudenz“ und „Philosophie“ und 1915 den berühmten „Beethovenfries“ erwerben. Sie besitzen die damals umfangreichste und bedeutendste Klimt-Sammlung. Klimt ist es auch, der seinem jungen Künstlerkollegen Egon Schiele 1912 den Kontakt zu August und Serena Lederer vermittelt. Das Sammlerpaar kauft jedoch nur ein Gemälde Schieles für ihre Sammlung an („Mödling I (Graue Stadt)“, Kallir P 299) und bleibt seiner Kunst gegenüber insgesamt eher zurückhaltend. Allerdings freundet sich ihr fünfzehnjähriger Sohn, Erich Lederer, mit dem nur sechs Jahre älteren Schiele an. Dank eines erfolgreichen Lottoscheins, den er von seiner Großmutter geschenkt bekommen hatte, beschließt Erich Lederer umgehend, den Erlös für seine aufkeimende Liebe zur Avantgarde-Kunst zu verwenden. Im Winter 1912/13 malt Schiele ein großformatiges Porträt des Jungen (Kallir P 235), der in den nächsten Jahren zu seinem wichtigsten Mäzen und Sammler wird.

Dieser Freundschaft ist es wohl zu verdanken, dass Schiele 1918 eine lose Folge von mehreren Porträtskizzen August Lederers anfertigt, zu der auch die hier angebotene Zeichnung zählt. Er wendet sich zu dieser Zeit von der zuvor oft verwendeten, eher scharfzeichnenden Wachsmalkreide ab und der deutlich nachgiebigeren Zeichenkohle zu, mit der er in kräftigen Strichen üppig-satte kontrastreiche Strukturen erzeugt. Auf dem zartgelben Papier fängt Schiele August Lederer in der für ihn so typischen Art mit nur wenigen, aber überaus prägnanten Linien ein. Stark reduzierte Striche skizzieren Kragen und Knopfleiste, der Körper ist kaum angedeutet. Dagegen arbeitet Schiele die Gesichtszüge, insbesondere Augen und Augenbrauen umso sorgfältiger und individueller aus. Der Krawatte verleiht er mit kontrastreichen, breiten Strichen deutliches Volumen. Ob diese wunderbaren Porträtzeichnungen als Vorbereitung für ein Porträtauftrag August Lederers entstehen, ist nicht bekannt. Egon Schiele stirbt noch im Oktober desselben Jahres im Alter von nur 28 Jahren an der Spanischen Grippe. Im Vergleich zu den eher akademisch-traditionellen Porträts aus Schieles Jugendzeit (vgl. Porträt des Onkels, Los 423) zeigt sich bei dieser nur elf Jahre später entstandenen Zeichnung sein voll ausgereifter, charakteristischer Stil.

1938, zwei Jahre nach dem Tod August Lederers, wird der Familienkonzern von den Nationalsozialisten enteignet und „arisiert“, die private Kunstsammlung sowie ihre Immobilien werden beschlagnahmt und zwangsenteignet. Seine Witwe Serena Lederer flieht nach Budapest und kämpft von dort aus noch bis zu ihrem Tod 1943 vergeblich um ihre Kunstschätze. Die seit 1944 ins Schloss Immendorf bei Marchfeld verbachte wertvolle Sammlung verbrennt zu großen Teilen kurz vor Kriegsende im Mai 1945 unter ungeklärten Umständen, darunter auch das Schiele Gemälde „Mödling I“. Erhalten bleiben nur wenige Werke sowie die, die bereits zuvor im Besitz von Erich Lederer waren. So auch das hier angebotene Schiele-Porträt, das er von seinem Vater geerbt und bei seiner Flucht gerettet hatte.

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