Egon Schiele

Sitzendes Paar (Schiele mit seiner Frau)

Details

Kallir D 1856.

Literatur:
Egon Schiele, Mizue Japanese Art Magazine, Nr. 870, 1977;
Nebehay, Christian, Egon Schiele. Von der Skizze zum Bild, die Skizzenbücher, Wien u.a. 1989, mit Abb. 156.

Ausstellung:
Von Schiele bis Leherb, Galerie 10, Wien (ca. 1970), mit Abb.;
Egon Schiele and the Human Form: Drawings and Watercolors, Des Moines Art Center, Des Moines/Iowa u.a. 1971/72, Kat.-Nr. 52;
Egon Schiele, Haus der Kunst, München 1975, Kat.-Nr. 237;
Egon Schiele, Seibu Museum of Art, Tokio 1979, Kat.-Nr. 56;
Egon Schiele: An Exhibition of Watercolors and Drawings, Marlborough Fine Art, London 1979, Kat.-Nr. 44;
Egon Schiele: Zeichnungen und Aquarelle aus den Beständen des Historischen Museums der Stadt Wien und aus amerikanischem Privatbesitz, ausgewählt von Serge Sabarsky, Historisches Museum der Stadt Wien, Wien u.a. 1981/82, Kat.-Nr. 92;
Egon Schiele, Pinacoteca Capitolina, Rom u.a. 1984, Kat.-Nr. 152;
Traum und Wirklichkeit: Wien 1870-1930, Künstlerhaus Wien, 1985, Kat.-Nr. 15.8.39;
Egon Schiele (1890-1918). Drawings and Watercolors, Serge Sabarsky Gallery, New York 1986, Kat.-Nr. 17;
Egon Schiele: 100 Zeichnungen und Aquarelle, Rosenheim u.a. 1988-1997, Kat.-Nr. 81/82/83;
Egon Schiele, Fondation Pierre Gianadda, Martigny 1995, Kat.-Nr. 109;
Schiele: Drawings and Watercolors, The Serge Sabarsky Foundation, New York 1996 (Memorial Service);
Hommage à Serge Sabarsky. Klimt. Kokoschka. Schiele. Aquarelle und Zeichnungen, Jahrhunderthalle Hoechst, Frankfurt/Main 1997, Kat.-Nr. 83;
Egon Schiele 1890-1918, Man Museo d’Arte Provincia di Nuoro, Nuoro 2007/08;
Galerie St. Etienne, New York 2017;
Shepherd W & K Galleries, New York 2022/23.

Provenienz:
Nachlass des Künstlers, verso mit dem Stempel;
Sammlung/Nachlass Serge Sabarsky, New York, 1991 bei Vorgenannter erworben;
Sammlung/Stiftung Vally Sabarsky, New York.

Beschreibung

• Intimes und zugleich spannungsgeladenes Doppelporträt des Künstlers mit seiner jungen Frau Edith
• Entstanden bereits 1915, im Jahr ihrer Heirat, und wohl erst später datiert auf 1916
• Das Motiv des sich umarmenden Paares zählt zu den wichtigen Sujets in Schieles umfangreichem Œuvre

In charakteristisch lebhaften, nervösen Strichen zeichnet Schiele sich selbst. Nur mit Hemd und Socken bekleidet, sitzt er ungelenk auf dem Boden. Schieles rechter Arm hängt unnatürlich abgewinkelt an seiner Seite, die ganze Haltung wirkt instabil und ungemütlich. Hinter ihm hockt eine Frau mit aufgetürmten Haaren, sie scheint seinen Körper zu stützen. Dies ist keine Darstellung eines verliebten Paars, sondern zeigt Schieles Hilflosigkeit und Abhängigkeit von der Frau hinter ihm.

Der Künstler setzt sich in dieser Zeichnung mit seiner Beziehung zu Edith Harms auseinander. Diese beginnt in der Hietzinger Hauptstraße in Wien – Egon Schiele hat im Haus mit der Nummer 101 sein Atelier. 1913 zieht Johann Harms, ein Maschinist der Österreichischen Bahn, mit seiner Familie in das Gebäude gegenüber. Schiele kann aus seinem Atelierfenster in die Wohnung der Harms schauen. Die beiden Töchter Adele und Edith, 23 und 20 Jahre alt, erregen sein Interesse. Um die Aufmerksamkeit der Mädchen zu erhaschen, winkt er mit seinen Zeichnungen aus dem Fenster und macht bizarre, provokante Gesten. Die jungen Frauen ignorieren den Künstler, der sie mit seinem groben Gehabe und Wiener Dialekt abschreckt. Erst durch die Vermittlung von Wally, der ehemaligen Geliebten Schieles, gelingt es dem Künstler ab 1914, die jungen Frauen zu heimlichen Treffen zu überreden. Er beginnt nun, beiden Schwestern den Hof zu machen. Er zeichnet beide, entscheidet sich aber letztendlich für die ruhigere, jüngere Tochter Edith.

Aber diese tiefe und ernste Beziehung macht Schiele Angst. Wie sehr er sich als Marionette, als Spielball der Gefühle seiner Frau sieht, zeigen die Doppelporträts aus dieser Zeit. In einer Gouache aus der Sammlung Albertina, die im engen Zusammenhang zu unserer Zeichnung steht, umklammert Edith ihren Verlobten. Hilflos wie eine Marionette hängt dieser in ihren Armen. In beiden Zeichnungen erscheint der Künstler halb entblößt, während seine Frau bekleidet bleibt und daher weniger verletzlich wirkt. Schiele gelingt hier eine großartige Auseinandersetzung mit der Komplexität einer Liebesbeziehung. Es ist sein Versuch, sich in einer reifen Bindung zurechtzufinden und eine emotionale Abhängigkeit zu akzeptieren. 1915, kurz bevor er zum Kriegsdienst einberufen wird, heiratet Schiele seine Edith.

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