Details

Verso mit verschiedenen handschriftlichen bzw. gestempelten Nummern, französischem Zollstempel und Etiketten.

Hauskatalog des Künstlers, V, 1935, Nr. 559; Barnett 1188.

Literatur:
Kandinsky, Wassily, Toile Vide, etc., in: Zervos, Christian (Hrsg.), Cahiers d’Art, 5-6, Paris 1935, S. 118, mit Abb.

Ausstellung:
W. Kandinsky: nouvelles toiles, aquarelles, dessins, Galerie Cahiers d’Art, Paris 1935, o. Katalog;
The Fifteenth International Exhibition of Watercolours, The Chicago Art Institute, Chicago 1936, Kat.-Nr. 120, mit Abb., verso mit dem Etikett;
Contemporary German Art, The Institute of Modern Art, Boston 1939, Kat.-Nr. 24, mit Abb., verso mit dem Etikett;
Soutine, Kisling, Utrillo e la Parigi di Montparnasse, Farsetti Arte, Cortina d’Ampezzo 2003/04, Kat.-Nr. 22, mit farb. Abb. S. 65.

Provenienz:
Sammlung I. B. Neumann, New York, seit November 1935;
Nierendorf Gallery, New York, seit Juli 1942, verso mit dem Etikett (Nr. 206);
Solomon R. Guggenheim Museum, New York, verso mit dem Etikett und der zweifach gestempelten Nr. „983“, 1945 bei Vorgenannter erworben, ausgeschieden 1971;
Parke-Bernet Galleries Inc., New York 20.10.1971, Los 55;
Sammlung Jerome L. Greene (1906-1999), New York, bei Vorgenannter erworben;
Jewish Museum, New York, Geschenk aus dem Nachlass des Vorgenannten, ausgeschieden 2000;
Sotheby’s, New York 11.5.2000, Los 224;
Farsetti Arte, Prato 26.5.2001, Los 504;
Farsetti Arte, Prato 1.12.2007, Los 721;
Privatsammlung, Monaco.

Beschreibung

• Charakteristische Gouache auf schwarzem Karton aus Kandinskys Spätwerk
• Die organischen, sanften Formen spiegeln Kandinskys Interesse an der in den 1930er Jahren aufkommenden Molekularbiologie wider und fließen in seinen abstrakten Formenkanon ein
• Arbeiten aus dieser Zeit stellen die Quintessenz seiner jahrzehntelangen künstlerischen Entwicklung dar

„Um sich [der Kunst] widmen zu können, muss man ein guter Zeichner sein, eine große Sensibilität für Komposition und Farben haben und vor allem ein wahrer Dichter sein.“
Kandinsky, 1931.

Die Arbeit „Pointillé“ gehört zu einer Gruppe von Gouachen auf schwarzem Papier, die Kandinsky in seinem letzten Lebensjahrzehnt in Frankreich malt. Sie entstehen auf dem Höhepunkt seiner Karriere und zeugen von der Virtuosität seines reifen Stils. Nach der endgültigen Schließung des Bauhauses 1933 verlässt Kandinsky Deutschland und zieht mit seiner Frau Nina nach Neuilly-sur-Seine bei Paris. In den folgenden Jahren malt er nur selten auf Leinwand, sondern bevorzugt Papier. Diese Papierarbeiten sind für ihn vollendete, eigenständige Werke, die alle Merkmale seines individuellen Stils tragen. Die Technik, leuchtende Farbpigmente auf dunkles Papier aufzutragen, verweist auf Kandinskys künstlerische Anfänge auf dem Höhepunkt der Jugendstilbewegung um 1900. Bereits damals nutzt Kandinsky mit Vorliebe farbige, schwarze oder braune Papiere für seine stilisierten und hoch dekorativen Motive.

Die biomorphen Formen von „Pointillé“, die sich ebenso auf vergleichbaren Arbeiten aus dieser Zeit finden, sind eine klare Abkehr Kandinskys von den geometrischen, linearen Kompositionen seiner Bauhausjahre. Vielmehr lassen sich hier surrealistische Einflüsse und die Auseinandersetzung mit der formalen Ästhetik von Jean Arp und Joan Miró erkennen, mit deren Kunst Kandinsky in den 1930er Jahren in Paris näher in Kontakt kommt – auch wenn er sich von den surrealistischen Ideen des Unbewussten und Traumhaften nicht angezogen fühlt. Diese sanfteren, organischeren Formen und Gestalten sind sicherlich ebenso von Kandinskys Interesse an der Molekularbiologie in den 1930er Jahren beeinflusst, wie eine Sammlung von Zeitschriften- und Zeitungsausschnitten beweist, die der Künstler zu diesem Thema aufbewahrte. Eine weitere Inspirationsquelle für seine neue Formenästhetik ist vermutlich das über 100 Schautafeln enthaltende Buch „Kunstformen der Natur“ von Ernst Heinrich Haeckel, das 1904 erstmals als Komplettausgabe erscheint. Viele der Formen, die in Kandinskys Spätwerk seines letzten Lebensjahrzehnts zu finden sind, ähneln den dort abgebildeten kleinen Mikro- und Tiefseeorganismen. Die Leuchtkraft, die Kandinsky durch die Verwendung farbiger oder weißer Gouache auf schwarzem Papier erzeugt, und die bisweilen überraschende Verspieltheit der Motive verdecken das große Unbehagen und die Not, die Kandinsky in dieser Zeit erlebt. Der inzwischen fast 70-jährige Kandinsky tat sich schwer, in Frankreich Fuss zu fassen, wo die abstrakte Kunst im von Kubismus und Surrealismus dominierten Paris wenig Anerkennung fand. Einzig die Galeristin Jeanne Bucher sowie Christian und Yvonne Zervos mit ihrer Galerie und Kunstzeitschrift „Cahiers d’Art“ setzen sich für ihn ein. Dennoch arbeitet Kandinsky mit enormem Schaffensdrang und es entsteht ein Spätwerk von großer Poesie und Klarheit, das die Quintessenz seiner jahrzehntelangen künstlerischen Entwicklung darstellt.

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