Lesser Ury

Herbstliche Straßenszene bei Regen, Berlin

Details

Mit einer Fotoexpertise von Dr. Sibylle Groß, Berlin, vom 30.10.2019 sowie einer ausführlichen Dokumentation (in Kopie); das Pastell wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis zu Lesser Ury aufgenommen.

Literatur:
Müller-Mehlis, Reinhard, Vorschau auf die 18. Kunst & Antiquitäten Messe Hannover, in: Die Weltkunst, 56. Jg. Nr. 6, 25.3.1986, mit farb. Abb. S. 826 („Berlin, Kurfürstendamm“).

Ausstellung:
Eröffnungsausstellung, Galerie Klauspeter Westenhoff, Hamburg 1985, mit farb. Abb. S. 69 („Unter den Linden“).

Provenienz:
Galerie Klauspeter Westenhoff, Hamburg, 1985/86;
Galerie Schwarzer, Düsseldorf;
Privatsammlung, Westdeutschland, 1986 bei Vorgenannter erworben (seitdem in Familienbesitz, Privatbesitz, Rheinland);
Privatsammlung, Berlin.

Beschreibung

• Ury beginnt bereits vor dem Ersten Weltkrieg erstmals sein Augenmerk auf den Berliner Westen zu richten
• Stimmungsvolle Ansicht Berlins der Goldenen Zwanziger Jahre
• Ury fängt hier eindrucksvoll das Lebensgefühl der Großstadt ein

Dr. Sibylle Groß scheibt in ihrer Dokumentation vom 30.10.2019: „Das Pastell entstand in den späten 1920er Jahren, den Goldenen Zwanziger Jahren Berlins zwischen 1924 und 1929. Es ist die Zeit des Wirtschaftsaufschwungs, die mit der Weltwirtschaftskrise, beginnend mit dem New Yorker Börsencrash im Oktober 1929, ihr Ende fand. ‚Die Goldenen Zwanziger sind Legende. Berlin war damals eine pulsierende Metropole mit über vier Millionen Einwohnern. Laute, schillernde Rastlosigkeit bestimmte das Lebensgefühl der drittgrößten Stadt der Welt. Nach dem Erlebnis des Krieges und der Überwindung der Inflation stürzte man sich ins Vergnügen. Stummfilm mit Orchester im UFA-Palast, Theater am Kurfürstendamm (…)‘.

Das Lebensgefühl Berlins manifestiert sich vor allem im Westen der Stadt, dem Kurfürstendamm und seiner unmittelbaren Umgebung. ‚Der Kurfürstendamm wurde zum Vergnügungsviertel. Es etablierten sich Luxusgeschäfte, aber auch eine Vielzahl von Restaurants, Kaffeehäusern, Hotels, Kneipen, Weinstuben, Cafés, Tanzlokalen, Imbiss-Stuben, Kinos (aus denen z.T. große Lichtspieltheater wie das Marmorhaus, Capitol, Universum hervorgingen), Kabaretts, und andere Vergnügungsetablissements (…). Der Kurfürstendamm entwickelte sich so zu einem der belebtesten Boulevards der Reichshauptstadt und zum Mittelpunkt des ‚Neuen Westens‘, der City-West, nun auch West-City genannt, die sich vom Wittenbergplatz, der Budapester und Tauentzienstraße zum Bahnhof Zoologischer Garten, zur Gedächtniskirche und zum Kurfürstendamm erstreckte.

Die auf dem Pastell wiedergegebene Straßenansicht lässt sich heute nicht mehr konkret bestimmen. In seinen späten Schaffensjahren hielt sich der Künstler zunehmend weniger streng an die Wiedergabe konkreter Wirklichkeit, er gab malerischen Aspekten vor realen Bezügen den Vorrang. Rückblickend beschrieb der Ingenieur Karl Schapira, zu Lebzeiten des Künstlers sein vielleicht größter Sammler, dieses Phänomen in einem Brief mit treffenden Worten: ‚Sie wissen, dass L.U. (Lesser Ury) technisch, d.h. für technische Dinge wie Eisenbahn, Auto, Elektrizität in jeder Form ein absoluter Ignorant war. Er hatte nicht das geringste Gefühl dafür oder irgendwelche Kenntnisse. Sein Auge nahm diese Dinge auf wie sie sich seinem Blick, aber nicht seinem Verständnis darboten und gaben sie dann aus der Erinnerung wieder.‘

Auch wenn die Darstellung des Pastells sich im Berliner Stadtbild der Zwanziger Jahre nicht eindeutig lokalisieren lässt, dürfte es sich hier um eine der Straßen des ‚Neuen Westens‘ handeln. Bereits in den Jahren unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg begann Lesser Ury erstmals sein Augenmerk auf den Berliner Westen zu richten.

In den Zwanziger Jahren, als der Kurfürstendamm zur Geschäfts- und Vergnügungsmeile in den 1920er Jahren par excellence avancierte, schuf Lesser Ury eine Reihe von Ansichten, die den Boulevard zeigen.
Auf dem vorliegenden Pastell ist am rechten Bildrand eine dicht gedrängte Menschentraube unter Regenschirmen zu erkennen, die, eine Reihe bildend, hintereinander anstehen. Über ihren Köpfen erscheint in gelblich-bläulichen Farben Leuchtreklame. Es könnte sich hier um eines der zahlreichen Lichtspielhäuser handeln, in denen zunächst Stummfilme, dann die ersten Tonfilme vorgeführt wurden. Am Kurfürstendamm entstanden am Ende der Stummfilmzeit die neuen Großkinos. Schon während des Ersten Weltkriegs stieg das Kino zu einem der wirkungsvollsten Massenmedien auf. Die Zwanziger Jahre gelten bis heute als Höhepunkt der deutschen Filmkunst.“

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