Egon Schiele

Kopf eines bärtigen Mannes I (Leopold Czihaczek)

Details

Verso von Anton Peschka, Künstler und Schwager von Schiele, bezeichnet: „Bestätige die Echtheit Wien am 16/3 1921 Ant. Peschka“.

Kallir P 21.

Literatur:
Malafarina, Gianfranco. L’Opera di Schiele, Mailand 1982, Kat.-Nr. 28;
Nebehay, Christian M., Egon Schiele und die Eisenbahn, Wien 1995, S. 47;
Kallir, Jane, Egon Schiele’s Women, München 2012, S. 51, mit Abb. 55;
Bauer, Christian, Egon Schiele. Fast ein ganzes Leben, München 2015, S. 46, mit Abb. 12.

Ausstellung:
Egon Schiele: Frühe Werke und Dokumentation, Christian M. Nebehay, Wien 1968, Kat.-Nr. 1, mit Abb.;
Egon Schiele, The Seibu Museum of Art, Tokio 1979, Kat.-Nr. 5, mit Abb.;
Egon Schiele, Pinacoteca Capitolina, Rom u.a. 1984-1987, Kat.-Nr. 1, mit Abb.;
Egon Schiele. An Exhibition of 17 Paintings, Serge Sabarsky Gallery, New York 1985, Kat.-Nr. 3;
Egon Schiele. Gustav Klimt, Fondation Pierre Gianadda, Martigny 1986/87;
EUROPALIA 87. Österreich. Egon Schiele, Palais des Beaux-Arts, Charleroi 1987, Kat.-Nr. 3;
Egon Schiele. 1890-1918. A Centennial Retrospective, Nassau County Museum of Art, Roslyn 1990 (mit dem Aufkleber auf der Rahmenrückpappe);
Egon Schiele. Frühe Reife. Ewige Kindheit, Historisches Museum der Stadt Wien, 1990, Kat.-Nr. 1.16, S. 32, mit farb. Abb. 1;
Egon Schiele. 100 Zeichnungen und Aquarelle, Oberösterreichisches Landesmuseum, Linz u.a. 1990-1993, teilw. Kat.-Nr. 3;
Egon Schiele. Acquarelli e dipinti, Palazzo della Permanente, Mailand 1991, Kat.-Nr. 67;
Egon Schiele. Gemälde aus amerikanischen Sammlungen, Rupertinum, Salzburg/ Österreichische Galerie/ Oberes Belvedere, Wien 1991/92;
Egon Schiele. Gemälde, Zeichnungen und Aquarelle, Schloss Mainau, 1994, Kat.-Nr. 1;
Egon Schiele, Fondation Pierre Gianadda, Martigny 1995, Kat.-Nr. 2;
Klimt Schiele Kokoschka, Musée des Beaux-Arts de Rouen, 1995, Kat.-Nr. 120;
Neue Galerie Museum, New York 2009 – 2011;
Belvedere Museum, Wien 2011;
Neue Galerie Museum, New York 2018/19.

Provenienz:
Nachlass des Künstlers, 1918;
Otto Nirenstein, Wien;
Maier, Brünn, ab 1930;
Christian M. und Ingo Nebehay, Wien, ab 1968;
Ingo Nebehay, Wien, ab 1969;
Sammlung/Nachlass Serge Sabarsky, New York, um 1970 bei Vorgenanntem erworben;
Sammlung/Stiftung Vally Sabarsky, New York.

Beschreibung

• Frühes Werk des erst 17-jährigen Schieles
• Gezeigt ist der Onkel und Vormund, der um 1907 immer wieder von Schiele porträtiert wird
• Meisterhaft fängt der junge Künstler den prüfenden Blick ein

Das Gemälde zeigt Leopold Czihaczek (1842-1929), den Onkel und Vormund Egon Schieles. Insgesamt 15 Bilder widmet Schiele seinem Onkel in der Zeit um 1907, zudem fängt er das Appartement des Ehepaares Czihaczek malerisch ein. Nachdem der Vater Schieles, Adolf Schiele, 1905 verstorben war, nimmt sich der Onkel des jungen Künstlers an. Er selbst ist in der k. u. k. Monarchie ein wichtiger Beamter.

In seinen Porträts Leopold Czihaczeks zeigt Egon Schiele die mit dem Beamtenstatus des Onkels verbundene gesellschaftliche Stellung und porträtiert ihn immer wieder als kultivierten, intellektuellen Bürger: Lesend auf einem Sofa sitzend, mit einer Zigarre in der Hand, am Klavier, oder in Ausgehgarderobe mit Zylinder. Andere Darstellungen ähneln der hier angebotenen: Im (Halb-)Profil, als Brust oder Standbild zeigt Schiele den stattlichen Onkel mit weißem Schnauzbart.

Das vorliegende Bild fällt dabei besonders durch den wachen und analysierenden Blick auf. Das Kinn leicht gehoben, die Lippen ein wenig angezogen, schaut Leopold Czihaczek nicht die Bildbetrachtenden an, sondern seitlich an ihnen vorbei, als wollte er den Mann hinter der Staffelei beobachten.

Belegt ist dabei, dass der Onkel dem Berufswunsch Schieles, Künstler zu werden, negativ gegenübersteht. Bereits ein Jahr vor dem Gemälde, 1906, wird Schieles Bewerbung für die Wiener Akademie der bildenden Künste akzeptiert. Er, gerade mal 16 Jahre alt, darf von nun an studieren, ein Künstler werden. Gut möglich, dass hier aus Gründen der Verfügbarkeit das nächste Umfeld Modell stehen muss. Auch von anderen Künstlern ist bekannt, dass sie in ihren Studienjahren malen, was sie zur Verfügung haben, sodass engere Verwandte und Mitbewohner ins Zentrum der Bilder rücken. Schieles Bild, noch ganz im Geiste akademischer Malerei den Onkel abbildend, kann durchaus als eine solche Studienübung verstanden werden. Auch Gustav Klimt, mit dem Schiele im Jahr des hier angebotenen Bildes den Kontakt intensiviert, übt als junger Student die eigenen Fähigkeiten.

Der Blick des Onkels ist so durchaus als zweifelnd zu verstehen: Er scheint sich unsicher, was sein junger Neffe gerade produziert. Sein Neffe, der einen vom Onkel nicht gut zu heißenden Karriereweg einschlägt und der auf den Rat des freigeistigen Mentors Klimt hört. Dem stolzen Bürger Czihaczek ist anzusehen, dass hier Unsicherheit die Mimik modelliert.

Eine Unsicherheit, die nach der Fertigstellung des vorliegenden Gemäldes sicherlich der Erkenntnis über die frühe Meisterschaft Egon Schieles verflog.

* Alle Angaben inkl. Aufgeld (27%) ohne MwSt. und ohne Gewähr. Irrtum vorbehalten.
** Alle Angaben zzgl. Aufgeld und MwSt. und ohne Gewähr. Irrtum vorbehalten.
*** Unter Vorbehalt: Zuschlag erfolgte unterhalb des Limits. Erwerb des Werkes im Nachverkauf ggf. noch möglich.
R = Regelbesteuerte Kunstwerke
N = Differenzbesteuerte Kunstobjekte mit Ursprung in einem Land außerhalb der EU
Die private oder gewerbliche Vervielfältigung und Verbreitung aller im Ausstellungs- und Auktionsarchiv angezeigten Werkabbildungen ist unzulässig. Alle Rechte vorbehalten.