Details

Provenienz:
Privatbesitz, Norddeutschland.

Beschreibung

Heinrich Friedrich Füger, der große Direktor der Wiener Akademie, vertrat dort seit den 1780er Jahren die von Anton Raphael Mengs in Rom begründete klassizistische Konzeption der Akademie, die auf strenger Nachahmung der Antike beruhte. Bis ins frühe 19. Jahrhundert galt die Akademie als international renommierte Ausbildungsstätte, doch auf einmal befand sie sich im Krisenmodus: 1809 hatte sich eine Gruppe von jungen Akademiestudenten – unter ihnen Friedrich Overbeck und Franz Pforr – in Anspielung auf die mittelalterlichen Malerzünfte zum Lukasbund zusammengeschlossen, die kurz danach im Rom als „Nazarener“ für Furore sorgen sollten. Sie wandten sich gegen den „mechanischen“ Unterricht Fügers, der nur aus Nachahmung bestand; sie dagegen verstanden sich als moderne – das legt der Name Ihrer Vereinigung bereits nahe – Nachfolger der bedeutendsten Maler des Spätmittelalters.
Für das Porträt, das in der Kunst der Nazarener eine bedeutende Rolle spielt, galt, das „Charakteristische“ des Dargestellten zu erfassen. Den „Charakter ruhig auffassen, aber von irdischen Mängeln reinigen, ist der Endzweck eines Bildnisses“, schrieb Overbeck 1811 in sein Tagebuch. Er stellte damit das klassische Modell des Porträts, das bis zur Romantik im Spannungsfeld zwischen Ideal und Nachahmung stand, infrage. Für die Künstler des Lukasbundes bestand die Aufgabe der Bildniskunst, dem Besonderen und Unverwechselbaren des Individuums nachzuspüren.
Vor dem Hintergrund des skizzierten Konflikts erscheint Fügers um 1815 entstandenes Selbstporträt retrospektiv, dabei keinesfalls innovativ. Er präsentiert sich in einer Pose, die damals als klassizistische Formel überholt war – der Oberkörper als Halbfigur, bekleidet mit Rock und Hemd, der Kopf im Dreiviertelprofil gegeben und von links gleichmäßig ausgeleuchtet, deutet nichts auf seine künstlerische Tätigkeit, ist das „Charakteristische“ allenfalls im mürrischen Blick des Dargestellten angedeutet. Füger verharrte bei jenem formelhaften Bildnistypus, wie er seit Mengs üblich war, bei ihm allerdings nicht so glatt, malerisch belebter, eher noch von einem spätbarocken Pathos erfüllt. Füger hat sich in seinem letzten Lebensjahrzehnt relativ häufig selbst porträtiert – das vorliegende ist möglicherweise mit einem verschollenen identisch, das sich ehemals in böhmischem Besitz befand –, doch konnte er sich nicht mehr den neuen Anforderungen der Bildniskunst stellen.

Mit einem Gutachten von Prof. Dr. Helmut Bösch-Supan, Berlin, vom 1. September 2014 (in Kopie).

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