Details

Lorenz NSk 10.2.12.
Literatur:
„Otto Dix“, Ausstellungskatalog, Fondazione Antonio Mazzotta, Mailand 1997, mit Abb. S. 150.
Provenienz:
Frau Marfried Hettner-Scotti, Ischia; Kunsthandel Fischer, Berlin, von der Familie Hettner-Scotti erworben; Sammlung Gunzenhauser, München.

Beschreibung

Vorzeichnung zu dem Gemälde, siehe Löffler 1931/5. Das Porträt nimmt in Dix’ Werk eine wichtige Stellung ein. Gefragt, was von Dix’ Oeuvre bestehen bleiben würde, nannte der Kunsthistoriker Will Grohmann als Erstes die Porträts. In ihnen vollzieht sich in den Jahren 1928 bis 1933 eine Entwicklung von dem überzeichneten Stil der Neuen Sachlichkeit zu einer Altmeisterlichkeit, die sich in einem jetzt weniger expressiven, sondern exakten Realismus äußert. Eine Wirklichkeitsnähe erzielt Dix auch, indem er jetzt voll ausgefertigte Vorstudien zu seinen Ölgemälden anfertigt. Dies sind nun präzise, in den Größenverhältnissen des Bildes detailliert ausgearbeitete, zeichnerische Vorlagen und bilden das kompositorisch exakte Gerüst des anschließenden Gemäldes. Details der Kleider und besonders der Hände und Gesichter werden sorgfältig geschildert. Auch hier erfasst Dix genau den Faltenwurf des Schleiers und widmet sich in einer separaten Studie nur den gefalteten Händen (siehe Lorenz NSk 9.1.12). Die Gesichtsformen der Frau sind anatomisch genau mit Weiß modelliert. Dabei arbeitet er die charakteristischen Züge seines Modells, wie die leichte Hakennase, das kräftige Kinn, die hohe Stirn, besonders sorgfältig heraus. Hier entwickelt er eine neue, unpathetische Schönheit. Bei der Dargestellten handelt es sich um Marfried Hettner, geborene Solomon (1907-1985), die Ehefrau des Dix-Meisterschülers Rolando Hettner (1905-78). Durch die Darstellung Marfrieds als Trauernde in dunkler Kleidung und mit Schleier scheint Dix der Lebensgeschichte seines Modells vorauszugreifen. Marfried hatte ihren Mann zu diesem Zeitpunkt nicht verloren. Doch nur wenige Jahre später wurde Rolando wegen seiner Frau, einer Jüdin, aus der Reichskammer der bildenden Künste ausgeschlossen. Es folgte der Verlust der Heimat, denn dem Paar blieb nur die Flucht. Sie zogen nach Italien, wo Rolando einen Teil seiner Kindheit verbracht hatte. Dort angekommen, wurde Marfried zuerst als ausländische Jüdin in Brienza interniert und gelangte dann über Umwege nach Rom. Am Ende des Krieges trennte sich das Paar. Marfried zog mit dem gemeinsamen Sohn nach Ischia und heiratete dort einen Italiener namens Scotti. Diese Zeichnung muss Marfried Hettner besonders gefallen haben, denn sie blieb auch während der Jahre der Flucht und wohl bis zu ihrem Tod in ihrem Besitz. – Aufgezogen auf Leinwand. Ein sehr feiner, langer Riss im unteren Bereich, fachmännisch restauriert. Reißnagellöchlein in den Ecken und Rändern. Im Passepartoutausschnitt kaum merklich gebräunt. Allgemein sehr schön.

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