Carl Spitzweg

Mädchen im Walde (Schattiges Waldtal – Sennerin mit Kopflast)

Details

Roennefahrt 321; Wichmann 1434.

Literatur:
Günther Roennefahrt, Carl Spitzweg. Beschreibendes Verzeichnis seiner Gemälde, Ölstudien und Aquarelle, München 1960, S. 167, Kat.-Nr. 321, mit Abb.;
Siegfried Wichmann, Carl Spitzweg. Die Sennerin im Wald, Dokumentation, Starnberg-München, R.f.v.u.a.K. 1996, S. 12ff., Bay. Staatsbibliothek München, Inv.-Nr. 656 SW 89;
Siegfried Wichmann, Carl Spitzweg. Verzeichnis der Werke, Stuttgart 2002, S. 520, Kat.-Nr. 1434, mit farb. Abb (oben beschnitten).

Ausstellung:
Nationalgalerie, Berlin, 23. Sonderausstellung, Nov./Dez. 1886, Nr. 47, aus dem Besitz von Heinrich Bürkel, München, mit dem neuen Titel „Mädchen im Hohlweg“;
Hugo Helbing, Berlin, Spitzweg-Ausstellung, 20.2.-31.3.1927, Nr. 34 (als „Mädchen im Walde“), aus Leipziger Privatbesitz.

Provenienz:

Ludwig von Bürkel (1841–1903), München;
Artur Louran, Berlin;
Elsas, Berlin, Auktion, 12.12.1931, Los 47, aus Berliner Privatbesitz (Slg. Louran) mit Titel „Schattiges Waldtal“ (falsche Maße);
Elsas, Berlin, Auktion, 6.2.1932, Los 92, aus gleichem Berliner Privatbesitz;
Neumeister, München, Auktion, 24.3.2010, Los 347;
Privatsammlung, Süddeutschland.

Beschreibung

Es ist eine für Spitzweg charakteristisch liebliche Szene voller Anmut, in der sich seine beiden Lebensthemen Mensch und Wald miteinander verbinden. Wie so oft zeigt Spitzweg auch hier den Menschen im Wald, fast schützend legt er sich wie eine Glocke um das Mädchen, das sich barfüßig seinen Weg auf steinigem Pfad an einem Marterl vorbei durch den Wald bahnt. Der Wald ist dunkel, einzig ein weißblaues Himmelsloch lässt ein wenig Licht herein, doch das Mädchen erstrahlt als Einzige hell im Licht – es kommt von vorn, von dort, wo das Mädchen hingeht. Umgeben von üppiger Vegetation, die das Licht reflektiert, ist eine eindrucksvollere Inszenierung ihres Auftritts kaum vorstellbar – das Mädchen schreitet auf uns, den Betrachter zu, in der Beuge ihres rechten Arms einen Henkelkorb haltend, damit sie noch in ihrer Hand eine Weinflasche (?) tragen kann, während sie mit ihrer Linken den vollgepackten Wäschekorb stützt, den sie auf ihrem Kopf trägt. Sie kehrt zurück und bringt uns Gaumenfreuden, Licht und vielleicht noch mehr?
Spitzweg hat dieses Motiv des Mädchens, das auf einem steinigen Pfad zurückkehrt, wiederholt dargestellt, mal begleitet von einer Ziege, mal alleine, dann wieder in der Begegnung mit einem Jäger, der die Gelegenheit zum Flirt verstreichen lässt – doch immer ist es das selbstgewisse, in sich ruhende Mädchen, das in seiner bunten Farbigkeit Lebensfreude und jugendliche Schönheit ausstrahlt. Immer wieder ist es der Farbklang aus weißer Bluse und goldgelbem Mieder, aus blauer Schürze und rotem Rock, in dem Spitzwegs Frauen im Wald „erscheinen“. Es ist sicher nicht übertrieben, in dieser „Erscheinung“ von Frau Spitzwegs Frauenideal zu vermuten – immer ist es die schöne, junge Frau im Dirndl, die er ins Bild setzt. Alte Frauen hat er etwa im Unterschied zu Menzel nie dargestellt; bis ins hohe Alter hat er die junge Frau – und sei es zuletzt nur als zwei blaue und rote Pinselstriche – in seine Bilder gesetzt, wie um dem Fortgang der Zeit zu entfliehen. Spitzweg selbst war nie verheiratet, hatte als junger Mann allerdings um eine Frau geworben, die aber starb, bevor es zu einer festeren Bindung gekommen war. Spitzweg blieb ein alternder Hagestolz – ein Motiv, von dem er immer wieder erzählte – und setzte seine Fantasien in Malerei um.
Davon erzählt Spitzweg in so einer duftig-lockeren Malweise, dass das Bild zu flirren beginnt, das Licht springt von Blatt zu Blatt, versetzt das Bild in Bewegung. Wie Farbfrische und – intensität, Farbklang und –auftrag, hell und dunkel scheinbar wie von selbst zueinander finden, um Farbe, Stimmung und Atmosphäre einzufangen, hat Spitzweg seit seinem Aufenthalt in Paris und speziell in Barbizon 1851 wiederholt erprobt. Die Maler aus Barbizon – etwa Narcisse Díaz de la Peña – haben ihn nachhaltig immer wieder zu solchen Experimenten inspiriert, in denen Spitzweg zu einer reinen Malerei fand, die sich mit einigem Recht als „vorimpressionistisch“ bezeichnen lässt.
Dr. Peter Prange

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