Lesser Ury

Nächtliche Straßenszene, Berlin (Bellevuestraße?)

Details

Mit einer Fotoexpertise und einer Dokumentation von Dr. Sibylle Groß, Berlin, vom 5.10.2013; das Pastell wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis zu Lesser Ury aufgenommen.

Ausstellung:
Meisterwerke der Klassischen Moderne, Galerie Pels-Leusden, Kampen 1998, Kat.-Nr. 77, S. 8, mit farb. Abb. S. 9.

Provenienz:
Privatsammlung, England;
Privatsammlung, Berlin;
Grisebach, Berlin 28.11.2013, Los 3;
Privatsammlung, Berlin.

Beschreibung

• Die Arbeit zeigt deutliche Einflüsse des französischen Impressionismus und der Pleinairmalerei, die Ury während seiner Studienjahre in Paris kennenlernt
• Das frühe Pastell enthält bereits den gesamten Kosmos Urys: Großstadt, Nacht, Regen, Verkehr, künstliche Beleuchtung
• Ury hält die Poesie eines flüchtigen Moments fest

Die „Nächtliche Straßenszene“ entsteht, nachdem sich der 28-jährige Lesser Ury nach seinen Studienjahren in Düsseldorf, München, Brüssel und Paris im Jahr 1887 in Berlin niederlässt. Die Arbeiten aus dieser Zeit zeigen deutlich den Einfluss des Impressionismus und der französischen Freiluftmalerei, die Ury in Paris kennenlernt. Aber der Künstler übersetzt diesen neuen Ansatz für sein Werk in eine ganz eigene Bildsprache. Schon dieses frühe Meisterwerk beinhaltet den gesamten Kosmos, der Ury künstlerisch interessiert und den er wieder und wieder variiert: Großstadt, Nacht, Regen, Verkehr, künstliche Beleuchtung.

Der Kunstkritiker Adolph Donath schreibt 1921 über Lesser Ury: „1889 hatte er seine erste Ausstellung bei (der Berliner Kunsthandlung) Gurlitt. Gemeinsam mit Leibl, Uhde, Liebermann und Skarbina. Fritz Gurlitt, der in der Behrensstraße einen kleinen Laden besaß, versammelte alle die Talente um sich, die sich seither durchgesetzt haben.“ Auf einer zweiten Ausstellung, die in der Kunsthandlung Gurlitt im darauf folgenden Jahr zu sehen ist, erregen vor allem die Berliner Straßenszenen Urys große Entrüstung beim Publikum und bei den meisten Kritikern. Anlass der vehementen Ablehnung sind die neuartige, in Berliner Kunstkreisen zumeist noch als fremdartig angesehene Malweise und die geradezu als brutal empfundene Bildauffassung.

Ury begleitet den Aufstieg Berlins als einzige deutsche Großstadt von Rang zur Metropole. Ihn fasziniert das neue, künstliche Licht der modernen Stadt. Ihm gelingt es wie keinem anderen deutschen Maler, die Gasbeleuchtung der Straßen, die Laternen der Droschken und später die Scheinwerfer der Automobile malerisch zu erfassen. In seinen Gemälden und Pastellen erschafft er in der Darstellung der Lichteffekte auf regennasser Fahrbahn ganz neue Räume und urbane Stimmungen. Und noch etwas gelingt ihm: Er hält die Poesie eines kurzen Moments fest, der inmitten des Trubels – wie ein Schnappschuss in der Fotografie – einen flüchtigen Augenblick einfängt.

Zwei Damen in Abendgarderobe entsteigen einer Droschke, in wärmende Mäntel und Muffs gehüllt. Kommen sie aus der Oper? Die dunkle, regennasse Fahrbahn glänzt im Schein der Gaslaternen. Die Bäume lassen den Betrachter nicht erkennen, wohin die Frauen streben. Ist es eine der stillen Straßen am Rande des Tiergartens im vornehmen Berliner Westen oder in den südwestlichen Villenkolonien? Noch ein schneller Blick zurück, und die beiden Frauen werden verschwunden sein. Diese Andeutungen, das Geheimnisvolle und die Stille der Nacht erzeugen bei uns heutigen Betrachtern eine Faszination, die sicher auch aus unserem gegensätzlichen Erleben einer immer lauten, immer hell erleuchteten Großstadt herrührt.

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