Luigi Benfatto, gen. Alvise Dal Friso

Der nackte Körper eines Kriegers wird vor einen König gebracht

Details

Literatur:
Nicholas Turner, European master drawings from Portuguese collections, Lissabon 2000, S. 80, Kat.-Nr. 32, mit farb. Abb.;
William R. Rearick, Il disegno veneziano del Cinquecento, Mailand 2001, S. 132 und S. 222, Fußnote 197;
Dibujos de maestros europeos en las colecciones portuguesas, 1500–1800, hrsg. vom Museo Nacional del Prado, Madrid, 2002, Kat.-Nr. 19.

Ausstellung:
Desenhos de mestres europeus em colecções portuguesas, Centro cultural de Belém, Lissabon (Oktober–Dezember 2000), Kat.-Nr. 32
European Master Drawings from Portuguese Collections (1500 – 1800), Fitzwilliam Museum, Cambridge (16. Mai–13. August 2000), Kat.-Nr. 32
Desenhos de mestres europeus em colecções portuguesas, Museu Nacional Soares Dos Reis, Porto (Oktober–Dezember 2001), Kat.-Nr. 32
Dibujos de maestros europeus en las colecciones portuguesas (1500–1800), Museu Nacional del Prado, Madrid, 2002, Kat,-Nr. 19

Provenienz:
Zaccaria Sagredo (?), Venedig;
danach in Erbgang an die Nachkommen;
Jean-Jacques de Boissieu (?), Lyon;
Privatsammlung, Lugano;
Christie’s, London, Auktion, 7.7.1992, Los 146;
Europäische Privatsammlung.

Beschreibung

Neben seinem berühmten Spitznamen „Alvise Benfatto Dal Friso“ ist der Maler auch als „Alvise de Paulo Veronese“ bekannt. Er war der Sohn einer Schwester von Paolo Veronese und wurde in der Werkstatt des Onkels ausgebildet. Alvise Dal Friso zählt zu den sogenannten „Veronesiani“, den Anhängern Paolo Veronese, die sich an dessen Maltechnik und Kompositionen orientierten. Es ist dokumentarisch belegt, dass er 1584 in Venedig eine eigene Werkstatt unterhielt.
Zeichnungen des Künstlers sind außerordentlich selten. Vermutlich sind unter den bislang traditionell dem Onkel zugeschriebenen Werken noch etliche des Alvise versteckt. Vorliegende qualitätsvolle Zeichnung trägt in der rechten unteren Ecke in brauner Tinte in einer Handschrift des 18. Jahrhunderts den Namenszug Alvises, wie auch ein Blatt des Künstlers in der Albertina, Wien (Inv.- Nr. 24037). Diese frühe Zuschreibung an Alvise Dal Friso wurde 1992 von Terence Mulally anlässlich der Versteigerung bei Christie’s in London bestätigt. In der Strichführung und der Pinsellavierung mit starken Lichtern und Hell-Dunkel-Gegensätzen erinnert das Blatt an das zeichnerische Vorbild Paolo Veroneses. Die eigenwilligen Figuren mit den überlängten Körpern, relativ kleinen Köpfen und der starken Gestik der Hände sind jedoch neu im Werk des Neffen und für diesen ganz charakteristisch.
Das Sujet konnte bislang nicht identifiziert werden. Der leblose, am Boden liegende Körper eines nackten Mannes im Vordergrund scheint der eines Kriegers zu sein, denn einer der Betrachter rechts von ihm trägt seine Militäruniform, einschließlich des Brustpanzers. Der auf einem hohen Thron sitzende Würdenträger trägt eine Turbankrone und könnte laut Nicholas Turner ein persischer oder alttestamentarischer Herrscher sein. Jedoch sei König David auszuschließen, da sein Sohn Absalom als Toter nicht nackt zu ihm gebracht worden wäre. Der sehr hohe Thron, den man von hinten besteigen muss, da es vorne keine sichtbaren Stufen gibt, erinnert an die ausgeprägte diagonale Achse in der „Allegorie von Venedig“, von Giovanni Battista Zelotti (ca. 1526–1578) im Palazzo Comunale in Parma. Beide Darstellungen sind hinsichtlich der Komposition so ähnlich, dass angenommen werden kann, dass Alvise Dal Friso das Werk von Zelotti kannte und sich bei der Ausführung der Zeichnung von Zelottis Komposition anregen ließ. William R. Rearick hat möglicherweise aus diesem Grund 2001 Zelotti in einem Brief als Autor der Zeichnung vorgeschlagen, eventuell als Vorstudie für das 1553 datierte Historienbild im Salon des Castello Porto Colleoni in Thiene, das Gaius Lucius Scaevola vor dem etruskischen Herrscher Porsenna zeigt. Doch konnte diese Zuschreibung wie auch die Deutung des Sujets nicht überzeugen, da es die Anordnung eines auf dem Boden liegenden Körpers nicht vorsieht, und auch wegen vieler anderer Details in der Zeichnung (s. Nicholas Turner, im: Katalog des Museo del Prado, 2002, Kat.-Nr. 19). – Umlaufend an den Kanten in Sammlungsmontage aus Bütten eingesetzt. Die Blattkanten etwas ungerade zulaufend. Unten links einzelne kleine Fehlstellen, diese mit grauem Bütten hinterlegt. Minimal fleckig. In altersgemäß guter Erhaltung.

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