Heinrich Dreber, gen. Franz-Dreber

Das Tal der Egeria

Details

Literatur:
Richard Schöne, Heinrich Dreber, Berlin 1940, im Kapitel „Drebers Zeichnungen“, S. 207, Kat.-Nr. 85 (dort fälschlicherweise unten rechts bezeichnet).

Provenienz:
Wilhelmine Tachard-Grunelius (1836-1927), Baden-Baden, wahrscheinlich 1854 beim Künstler in Rom erworben;
Privatbesitz, England und Norddeutschland;
Thomas le Claire Kunsthandel, Hamburg, dort 1993 erworben;
seitdem Privatbesitz, Baden-Württemberg.

Beschreibung

Der Zeichner Heinrich Dreber wurde bisher immer etwas unterschätzt, doch ist er spätestens seit der letzten Auktion bei Karl & Faber, als er mit einer frühen, noch in der Umgebung von Dresden entstandenen Zeichnung einen Rekordpreis erzielte, in den Fokus von Zeichnungssammlern gerückt. Dreber war nach seiner Zeit in Dresden, wo er Meisterschüler von Ludwig Richter war, über München 1843 nach Rom gekommen und hatte sich dort endgültig niedergelassen.
Während in Deutschland nur Federzeichnungen entstanden waren, ersetzte er in Italien vor allem in seinen in der römischen Campagna und in der Umgebung von Olevano entstandenen Landschaften die Feder zunehmend durch den Bleistift – unser Blatt ist ein eindrückliches Beispiel für diesen Wandel. Es zeigt vor der Kulisse mächtiger Eichen einen kleinen Bachlauf, wo sich im Schutz eines Strauchs eine Wäscherin in Begleitung niedergelassen hat, zu denen eine weitere Landfrau mit einer Last auf dem Kopf hinzutritt. Hinter ihnen weitet sich der Blick auf die Ebene der von Bergen gesäumte Campagna mit Überresten antiker Ruinen und eines Aquädukts. Die Landschaft erinnert an ähnliche Skizzen Drebers vom Tal der Egeria, weshalb Richard Schöne unser Blatt als Vorarbeit für ein Gemälde mit Motiven aus dem Tal der Egeria ansieht, das Hedwig Salomon aus Leipzig während ihres ersten Romaufenthaltes im Frühjahr 1852 bei Dreber bestellt hatte.
Die Abweichungen in der Komposition gegenüber dem Gemälde, vor allem aber der Grad der sorgfältigen Durcharbeitung lassen kaum an eine Vorarbeit denken – vielmehr dürfte es als autonomes Blatt während Drebers Beschäftigung mit dem Gemälde entstanden sein. Zu Beginn der 1850er Jahre zeichnete Dreber auf der Grundlage von Naturstudien im Atelier mehrere solcher bildhaft ausformulierter Blätter mit Motiven aus der Campagna, in denen er dem Bleistift künstlerische Möglichkeiten entlockte, wie sie ähnlich erst wieder Adolph von Menzel verwenden sollte. In der minutiösen und malerischen Durcharbeitung, die Richard Schöne bei unserem Blatt nicht zu Unrecht an die Zartheit von Lithografien erinnerte, schafft Dreber mit dem Bleistift ein abwechslungsreiches Spiel verschiedenster Tönungen bis in tiefste Schwärzen, auf deren Oberflächen sich ein seidig-metallischer Glanz gelegt hat – besonders eindrucksvoll in einer Landschaft mit Landleuten beim Tanz aus der Sammlung Böhm-Hennes in Coburg (Inv.-Nr. Z 6472). Die meisterhafte Verdichtung und Differenzierung der Tonalität reicht von hellen, lockeren Grauschraffierungen bis zu dichtem, glänzendem Schwarz, das in fast „pointilistischer“ Weise den weißen Papiergrund mit einbezieht. Nur verhalten hat Dreber eine leichte, durchscheinende Aquarellierung in dem für ihn charakteristischen Hellblau und Rot an den Gewändern der beiden Frauen angebracht, die sie akzentuiert und aus der „Farbigkeit“ des Bleistifts heraushebt. Es ist eine in sich ruhende, die Tradition der klassischen, von Koch und Reinhart begründeten Landschaft aufgreifende Komposition voll poetischen Gehalts, in dem sich Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbinden.
Dr. Peter Prange
 – Vereinzelt ganz schwache Fleckchen außerhalb der Einfassungslinie. Verso in den Ecken mit Montageresten, ansonsten in sehr guter Erhaltung.

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