Details

Provenienz:
Karl & Faber, Auktion 173, 3./4.6.1987, Los 204;
Privatbesitz, Schweiz.

Beschreibung

Nach einer unbefriedigenden Studienzeit in Düsseldorf hatte Thoma den Maler Otto Scholderer nach Paris begleitet, wo Thoma „zum erstenmal große Kunst“ sah. Die „Kühnheit und Freiheit“ von Delacroix sprach ihn an, „intim“ berührten ihn die Maler aus Barbizon, und besonders hingezogen fühlte er sich zu dem „stürmisch revolutionären Courbet“. Courbet hatte in Paris eine eigene Ausstellung und Thoma besuchte ihn in seinem Atelier zusammen mit Scholderer, der Courbet bereits aus Frankfurt kannte. Die Eindrücke aus Paris haben Thoma beflügelt und „mächtig erregt, es war für mich eine Erweiterung des Lebenselements. Ich ging von dort den Sommer über nach Bernau, und ich fühlte den Gewinn von Paris schon daraus, dass mir das früher einmal für unmalerisch geltende Bernau nun großartig schön erschien, so dass ich mich an ihm freuen konnte wie an einer wiedergefundenen Geliebten.“
Dort und ab Herbst wieder in Karlsruhe entstanden nun großformatige Gemälde, vor allem Landschaften direkt nach der Natur – es waren, wie sich Thoma später erinnerte, „die unschuldigsten Gegenstände von der Welt: Blumen, Landschaften, Tiere und Menschen – sie waren von solider Zeichnung und Ausführung und ruhig harmonischer Farbe – ein tiefes sattes Grün mag vorherrschend gewesen sein.“ Diese „grünen Gemälde“ fanden aber keinen Anklang in Karlsruhe; man stieß sich an der ruhig harmonischen Farbe der Bilder und an dem in ihnen vorherrschenden tiefen, satten Grün so sehr, dass man in der Gesellschaft einen gewissen Salat spottend „Thomasalat“ nannte.
Auf eines dieser „grünen Gemälde“ – Niederung am Rhein (Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Inv.-Nr. A II 340) – geht unser erst 1896 entstandenes Gemälde zurück. Auf Wunsch des Auftraggebers, des Geheimrates Stöhr, hatte Thoma das Gemälde nach fast 30 Jahren wiederholt – und es scheint, dass er die damalige Kritik beherzigt hat. Während das Berliner Gemälde in den reichen, fein abgestuften Grüntönen, in denen Bäume, Gräser, Sträucher und Wiesen malerisch ineinander übergehen, unmittelbar an Courbet erinnert, und die in die Landschaft vertiefte Frau jene elegisch-geheimnisvolle Stimmung erzeugt, die auch die Malerei Böcklins vergegenwärtigt, ist unser Gemälde offener, man möchte fast sagen heiterer. Die Farbigkeit hat sich aufgehellt, statt grau ist der Himmel nun blau, die Sonne scheint und blühende Gräser heben sich vom satten Grün ab. Wollte man Thomas Landschaften als Ausdruck der Seele verstehen, so offenbart das Gemälde in Berlin eine geheimnisvolle, verschlossene Stimmungslage, unser Gemälde hingegen ist positiv, fast optimistisch gestimmt. Bereits zu Lebzeiten des Künstlers machte diese Fähigkeit, Landschaft als Ausdruck der Seele und ihrer unterschiedlichen Stimmungen zu begreifen, seinen großen Erfolg aus und bis heute bedienen seine Landschaften eine nicht erst seit der Pandemie tief verwurzelte, stille Sehnsucht nach einer einfachen Welt, in der keine Flugzeuge oder Eisenbahnen, keine Städte oder Autos stören.

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