Hermann Max Pechstein

„Vor dem Bad“.

Details

Soika 1919/97.

Literatur:
Ralph Merten, „Zwischen Barbarei und Hoffnung. Positionen zum 20. Jahrhundert“. Krefeld 2000, farb. Abb. S. 531.

Ausstellung:
„Expressionismus in Malerei und Plastik“, Kaiser-Wilhelm-Museum, Krefeld 15.12.1946-15.1.1947, Kat.-Nr. 149;
„Colour and Expression, Paintings & Watercolors“, Lafayette Parke Gallery, 7.5.-11.7.1987, Kat.-Nr. 3;
„Fülle des Herbstes. Expressionismus und Klassische Moderne“, Galerie Neher, Essen 12.10.1996-21.1.1997, Kat.-Nr. N 4104, mit farb. Abb.;
„Klassische Moderne“, Galerie Neher, Essen bis 26.9.1998, mit farb. Abb. (Mutter und Kind am Strand).

Provenienz:
Galerie Gurlitt, Berlin (bis 1923: Kommission);
Dr. Werner Stockhausen, Krefeld;
Lafayette Parke Gallery, New York;
Christie’s London, Auktion 3505, 2.12.1986, Los 358;
Sotheby’s, München 26.10.1988, Los 40;
Privatsammlung;
Privatsammlung, Nordrhein-Westfalen.

Beschreibung

Das Gemälde zeigt Pechsteins erste Frau Lotte und ihren gemeinsamen Sohn Frank, hier sechs Jahre alt. Es entstand in Nidden, einem Fischerdorf an der Kurischen Nehrung im damaligen äußersten Winkel Ostpreußens (heute Litauen). Pechstein entdeckte den abgelegenen Ort 1909 auf der Suche nach freier Natur weitab von dem Großstadtleben Berlins. Der Künstler erinnert sich in seinem Lebenslauf, wie produktiv er gleich von Anfang an dort war, „in einer noch nicht verfälschten Einheit von Mensch und Natur“. Bis 1939 sollte er noch fünfmal zu dieser Idylle zurückkehren: „In Zukunft wurde dies Nidden mit seinen Wanderdünen, seinem Haff und dem schmalen Waldstreifen zur Ostsee hinüber mein Malerparadies.“ Nach seiner Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg im Frühjahr 1917 verbrachte Pechstein erst wieder den Sommer 1919 in Nidden. Der Aufenthalt von Ende Juni bis Ende Oktober sollte zu einer äußerst produktiven Phase werden: Er schuf in diesen Monaten so viele Gemälde wie nie zuvor und arbeitete bis zur völligen Erschöpfung. In einem Brief an P. Fechter schreibt er im Oktober: „Alles ersäuft bei mir in Farben, mein Gehirn ist nur mit Bildern gefüllt und jagt mich die Idee des zu malenden von einem Ort zum anderen“. Es entstanden umfangreiche Serien von Figurenbildern am Strand, für die Lotte und Frank häufig Modell standen. In diesen Werken sind Frau und Kind meist nackt abgebildet, in ihrer ursprünglichsten Verbindung mit der Natur. Auch in dem vorliegenden Werk begegnen beide nackt der Landschaft. Lotte blickt auf das wild schäumende Meer, der Wind bläst ihre Haare nach hinten. Frank steht neben ihr und hält die Hand der Mutter, während er den Maler, den Vater, und damit auch den Betrachter, bibbernd anschaut: An seiner zusammengezogenen Körperhaltung ist abzulesen, dass ihm kalt ist. Pechstein hält hier den Moment fest, bevor sich die beiden in die Fluten werfen – den Moment des Zögerns, des Innehaltens vor der Aktion. Die wilde Natürlichkeit des Ortes und der Personen wird auch durch die kräftigen, meist kühlen Farben und den in diesem Werk besonders freien, expressiven Pinselstrich eingefangen. Hier hat Pechstein ein besonders ausdrucksstarkes und doch persönliches Bild seiner Familie in der Natur geschaffen. – Verso mit einem Bildfragment „Figur in Dünen“, um 1912.

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