Auktion 326: Moderne Kunst | Evening Sale – 18.00 Uhr | 6. Juni 2024
Erich Heckel

Waldweg

Details

Hüneke 1912-14.

Ausstellung:
Sammlung Serge Sabarsky, München 1982, Kat.-Nr. 38;
Expressionists, Gallery Serge Sabarsky, New York 1984, Kat.-Nr. 35, mit farb. Abb. S. 75;
From Kandinsky to Dix. Paintings of the German Expressionists, Nassau County Museum of Art, Roslyn, New York 1989, Kat.-Nr. 88, verso auf der Rahmenrückpappe mit dem Etikett;
Erich Heckel – Die frühen Jahre. Zeichnungen, Aquarelle, Graphik, Städtische Galerie, Bietigheim-Bissingen/Stadt Rosenheim 1995, außer Kat.;
Da Kandinsky a Dix. Dipinti dell’Espressionismo Tedesco, Castello Svevo, Bari u.a. 1998, Kat.-Nr. 19, mit farb. Abb. S. 69, verso auf der Rahmenrückpappe mit dem Etikett;
Ekspressionisterne fra Serge Sabarsky Samlingen, Kunstforeningen, Kopenhagen 2003, Kat.-Nr. 25;
Brücke. The Birth of Expressionism in Dresden and Berlin 1905-1913, Neue Galerie, New York 2009, Kat.-Nr. 75.

Provenienz:
Galerie Alfred Flechtheim, Berlin/Düsseldorf;
Sammlung Lilly T. Stern, London;
Ketterer, München 1.12.1980, Los 658;
Sammlung/Nachlass Serge Sabarsky, New York, verso mit dem Etikett;
Sammlung/Stiftung Vally Sabarsky, New York.

Beschreibung

• Dynamisch-dichte Komposition in satten Grüntönen aus der „Brücke“-Zeit
• Ausdruck des ureigenen, inneren Natur-Empfindens des Künstlers mit reiner Landschaft
• Das Werk gelangte über die Galerie Flechtheim in die bedeutenden Sammlungen Lilly T. Stern, Direktorin der Molton Gallery, London, und Serge Sabarsky, New York

Heckel zeigt in seinem „Waldweg“ von 1912 ein Naturverständnis, welches sowohl für ihn als auch die von ihm mitgegründete Künstlergruppe „Die Brücke“ als exemplarisch zu verstehen ist. Der junge Künstler Heckel studiert 1905 in Dresden Architektur, als er gemeinsam mit seinen Freunden Ernst Ludwig Kirchner, Fritz Bleyl und Karl Schmidt-Rottluff eine Vereinigung gründet, welche die Kunst neu zu denken versucht. In den darauffolgenden Jahren stoßen weitere Künstler, etwa Max Pechstein oder Emil Nolde, zur Gruppe dazu. Bis zu ihrer Auflösung 1913 in Berlin verschreibt sich die Gruppe einem Stil, der sich durch holzschnittartige Malweisen und subjektive Darstellungen der Bildthemen auszeichnet. Zu den Sujets der „Brücke“ gehören Themen, die bis dahin nicht als bildwürdig empfunden oder gar verpönt waren. Aber auch die Natur und der Mensch als Teil ebendieser sind immer wieder Thema. So finden sich zahlreiche Darstellungen von Landschaften sowie von häufig nackten Menschen im Grünen in den Werken der „Brücke“-Künstler.

Erich Heckel selbst ist im Entstehungsjahr des hier angebotenen „Waldweg“ kein Dresdner Student mehr, er lebt gemeinsam mit seiner Partnerin Milda Frieda Georgi in Berlin. Ob der „Waldweg“ dabei eine Grundlage in einem Naturerlebnis in oder um Berlin hatte oder ob es hierfür überhaupt eine Vorlage in der Natur gab, muss offenbleiben. Eindrucksvoll zeigt Heckel keine identifizierbare Situation, sondern er illustriert, wie er das Sujet des Landschaftsbildes für sich – ganz im Sinne der „Brücke“ – interpretiert.

War das Landschaftsbild in der Kunstgeschichte oft Mittel zum Zweck, so ist die Landschaft hier ein Selbstzweck. Ein Weg windet sich an Bäumen und Sträuchern vorbei, in der prallen Sonne ist niemand unterwegs. Mehr noch: Nicht nur zeigt Erich Heckel eine von Staffage befreite Landschaft, er präsentiert vielmehr die ungestüme Natur. Obwohl der Weg im unteren Bildteil noch auf eine menschengemachte Landschaft verweist, so wuchert und dominiert im Gemälde doch das Grün. Heckel stellt keine ruhige Vegetation in gelenkten Bahnen dar, die Vegetation selbst wird hier zur Akteurin. Subjektiv-sinnlich gibt Heckel dieses Wachsen und Gedeihen wieder. Vergröbert, kantig und auf die wichtigsten Formen reduziert, malt er die Natur nicht naturalistisch oder akademisch-komponiert, sondern zeigt ihr Wesen. In vielen kleinen Pinselstrichen und ohne gerade gezogene Linien scheinen die Bäume und Büsche geradezu zu rauschen, sichtbar zu wachsen und den Bildraum zu erobern. Dieser Ungestümtheit und Aktivität der keineswegs stillen Natur bietet Heckel ausreichend Raum zur Entfaltung und schafft es dabei zugleich, eine harmonische (wenngleich energiegeladene) Gesamtkomposition zu erschaffen.

Das vorliegende Gemälde entsteht 1912 auf dem Höhepunkt der Künstlergruppe. Die Gruppe zeigt etwa in der bis heute bekannten „Sonderbund“-Ausstellung ihre Werke. Die Ausstellung hatte sich zum Ziel gesetzt, die diversen Strömungen der Moderne zu vereinen und dem breiten Publikum zu präsentieren. Dabei wird die „Sonderbund“-Ausstellung in Köln etwa von Alfred Flechtheim mitorganisiert. Dieser bietet den „Waldweg“ später in seiner Galerie an. Der Kunsthändler Flechtheim, einer der wichtigsten Akteure auf dem Markt der Modernen Kunst in Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg, stellt für Heckel einen idealen Handelspartner dar. Die Arbeit „Waldweg“ gelangt schließlich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in die USA, wo sie in der Sammlung des nicht weniger berühmten Kunsthändlers sowie -sammlers Serge Sabarsky frischen Sommerwind geradewegs aus dem Wald an den Hudson brachte.

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