Ella Bergmann-Michel

„Fischlein rot, Fischlein rot, stech dich tot“

Details

Ausstellung:
Ella Bergmann-Michel. Collagen, Malerei, Aquarelle, Zeichnungen, Druckgraphik, Fotos, Reklame, Entwürfe, Sprengel Museum, Hannover 1990, Kat.-Nr. 58, mit farb. Abb. S. 41.

Provenienz:
Sammlung Abraham L. und Margit Chanin, New York;
Karl & Faber, 4.12.2001, Los 411;
Barry Friedman Collection, New York;
Christie’s, „Barry Friedman: The eclectic Eye“, New York 26.5.2014, Los 109;
Privatsammlung, München.

Beschreibung

Ella Bergmann-Michel, von Freunden nur kurz EBM genannt, zählt neben ihrem Ehemann Robert Michel, Kurt Schwitters, Willi Baumeister und László Moholy-Nagy zu den wichtigen Protagonisten der Avantgarde und als Pionierin der Bildcollage. 1917 lernt sich das Künstlerpaar Bergmann/Michel beim Studium an der Hochschule für bildende Künste in Weimar kennen und wird von nun an zeitlebens eng zusammenarbeiten. Für kurze Zeit sind sie am neugegründeten Bauhaus tätig, lassen sich aber schon bald in der „Schmelz“ im Taunus, einer alten Farbenmühle in Michels Geburtsort, nieder, die sie später „Heimatmuseum of Modern Art“ nennen. Sie sind eng befreundet mit Johannes Mohlzahn und Kurt Schwitters sowie den Fotografinnen Martha Hoepffner und Ilse Bing. Neben ihrer überaus vielfältigen künstlerischen Arbeit ist Ella Bergmann-Michel als Werbegrafikerin, Fotografin und Dokumentarfilmerin tätig und fertigt verschiedene Innenarchitekturentwürfe. Mitte der 1920er Jahre ist sie an der gesellschaftlichen Reformbewegung „das neue frankfurt“ beteiligt, wo sie ab 1930 gemeinsam mit Paul Seligmann die „Arbeitsgemeinschaft für neuen Film/Liga für unabhängigen Film“ leitet. Bedingt durch die politischen Entwicklungen der 1930er Jahre zieht sich das Künstlerpaar weitgehend aus dem öffentlichen Kunstbetrieb zurück. Um den Lebensunterhalt ihrer Familie zu sichern, betreibt Robert Michel auf der Schmelzmühle eine Fischzucht, Ella Bergmann-Michel beschäftigt sich mit Landwirtschaft und der Aufzucht von Kleinvieh. Erst nach Ende des Zweiten Weltkrieges nimmt das Paar ihre künstlerische Tätigkeit wieder auf. Dank der 1963 in Leverkusen gezeigten Ausstellung „Pioniere der Collage“ wird das Lebenswerk des Künstlerpaares Bergmann/Michel neu entdeckt und bekannt gemacht.

Nach ihrer Akademiezeit, in der zahlreiche expressionistisch beeinflusste Holzschnitte entstehen, fertigt Ella Bergmann-Michel bereits ab 1917/18 erste dada-futuristische Arbeiten, aus Fundstücken zusammengeklebte Materialbilder, sogenannte Assemblagen, und Papier-Collagen. Diese Arbeiten werden zumeist dominiert von Kreisformen, die eindeutig an Rädermechanik erinnern. Damit ist EBM sicherlich die (bis heute zumeist verkannte) Wegbereiterin sowohl der Billd-Collage-Technik als auch der Räder-Motivik, die erst kurze Zeit später in Arbeiten ihres Mannes Robert Michel und Kurt Schwitters wiederzufinden sind.
Das auf dieser frühen Collage „Fischlein rot, Fischlein rot, stech dich tot“ von 1918 dominierende Fischmotiv ist ein wichtiges und oftmals wiederkehrendes Sujet in EBMs Œuvre. Es findet sich beispielsweise auch auf der im gleichen Jahr entstandenen Collage „Meine Fische“ und einem Linolschnitt von 1920 (vgl. Ausst.-Kat. Hannover 1990, Kat.-Nr. 53 und 57). Jahre später dreht Bergmann-Michel gemeinsam mit ihrem Mann Robert Michel sogar einen Dokumentarfilm über „Fischfang in der Rhön“. Auf der Collage „Fischlein rot“ kombiniert EBM sowohl ausgeschnittene Fischillustrationen als auch handgezeichnete Fische und ergänzt darüber hinaus auch ihre Signatur mit einem kleinen Fischchen. Die auf der Collage hinzugefügten, titelgebende Textzeile „Fischlein rot, Fischlein rot, stech dich tot“ beziehen sich auf das 1908 erschienene Künstlerbuch „Die träumenden Knaben“ von Oskar Kokoschka. Fritz Waerndorfer, Leiter der Wiener Werkstätte, hatte Kokoschka den Auftrag zur Illustration eines Kinderbuches erteilt. Das fertige Buch markiert mit seinen acht ornamentalen Farblithografien in leuchtender Farbigkeit den Übergang vom Jugendstil zum Expressionismus. 1917 gibt der Kurt Wolff Verlag aus Leipzig eine zweite Auflage heraus (unter Verwendung von Restbeständen der ersten Auflage der Wiener Werkstätte). Möglicherweise besaß Ella Bergmann-Michel ein Exemplar der „Träumenden Knaben“, das sie zu eigenen Arbeiten inspiriert.

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