Details

Literatur:
Nicholas Turner, European master drawings from Portuguese collections II: Italy and Portugal, Porto 2021, S. 144, Kat.-Nr. 59, mit farb. Abb.

Ausstellung:
Desenhos de mestres italianos em colecções portuguesas (II), Museu Nacional Soares Dos Reis, Porto (Oktober–Dezember 2001), Kat.-Nr. 59

Provenienz:
Wohl Jean-François Gigoux (1806-1894), Paris, (vgl. Lugt 1164);
Ingeborg Tremmel (1925-2002), Fürstenfeldbruck;
Ketterer, München, Auktion (Sammlung Tremmel), 5.5.2003, Los 387 (als „Florentinisch“);
Privatsammlung, Belgien;
Artcurial, Paris, Auktion, 27.3.2015, Los 82 (als „Johann Carl Loth“);
Europäische Privatsammlung.

Beschreibung

Durch die effektvolle Lichtregie, inszeniert mittels zahlreicher, mit der Pinselspitze auf das graublaue Papier gesetzter Weißhöhungen, und der mit kraftvollen Strichen eingefangenen Bewegungen der dicht an die vordere Bildebene gesetzten, im Tumult verschlungenen Leiber könnte man meinen, dass es sich bei dieser Federzeichnung um eine venezianische Arbeit des späten 16. Jahrhunderts handelt, etwa aus der Nachfolge Veroneses (vgl. etwa „Das Martyrium der hl. Justina“, J. P. Getty Museum, Los Angeles, Inv.-Nr. 87.GA.92). Zwar entstand diese toposmäßig höchst dramatische Darstellung des Bethlehemitischen Kindermords ebenfalls in Venedig, doch erst ein Jahrhundert später. Sie ist nicht die Bildschöpfung eines gebürtigen Italieners, sondern ein Beispiel für die Zeichenkunst des deutschstämmigen Malers Carl Loth, der Venedig zu seiner Wahlheimat gemacht hatte. Immer wieder experimentierte Loth damit, durch geschickte Anordnung möglichst viele nackte Körper in einem begrenzten Bildfeld unterzubringen, so auch hier.
Loth wurde bei seinem Vater ausgebildet, dem Hofmaler Johann Ulrich Loth (um 1590–1662), der seinerseits stark von der römischen Malerei des 16. Jahrhunderts beeinflusst war. Seit etwa 1655 ist er in Italien nachweisbar, zunächst in Rom, gegen 1656/57 erfolgte die Übersiedelung nach Venedig, das er bis zu seinem Tod nicht mehr verließ. Dort arbeitete er unter Giovanni Battista Larghetti (1625–1676), einem Nachfolger von Luca Giordano (1634–1705), dessen dramatischen Tenebrismus er in sein eigenes Werk miteinfließen ließ. In Venedig brachte er es zu einigem Ansehen. Zu seinen Sammlern gehörte Leopold I., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, der ihn 1692 zum Hofmaler ernannte. – In der unteren rechten Ecke ein brauner Fleck. Papier im linken Rand etwas gewellt. Vereinzelt geringfügige Fältchen. In guter Erhaltung.

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