Details

Provenienz:
Auf dem Rückkarton Nachlassstempel (Lugt 2307) und Siegel von Spitzweg sowie Bestätigung von Curt Spitzweg (Sohn von Otto Spitzweg), dass dieses Werk von Carl Spitzweg in seinen Besitz übergegangen ist.

Beschreibung

Das Interesse Spitzwegs am Menschen als Sonderling mit all seinen Schwächen und Skurrilitäten ist wohlbekannt; dass sich Spitzweg dem Menschen auch durchaus im Sinne des klassischen Porträts angenähert hat, ist dagegen weniger bekannt. Solche Bildnisse dienten oftmals als Studien zu seinen Gemälden; seine Sonderlinge in seinen Gemälden beruhen häufig auf eindringlichen Studien vor dem Modell, wie sie auch zahlreiche auf Reisen aufgenommene Zeichnungen in seinen Skizzenbüchern und ausgeführte Zeichnungen erweisen. Überall wo ihm auf seinen Reisen bestimmte Typen oder originelle Gesichter auffielen, hat er sie gezeichnet oder penibel in Öl ausgeführt. In die Jahre um 1849/50 gehören zahlreiche Bildnisstudien in Öl auf Papier, auf denen Spitzweg örtliche Pfarrer, Lehrer oder Bürgermeister und wenig später auch Soldaten festhielt. Aus dieser Zeit stammen auch erste Begegnungen mit Bauernmädchen und -frauen, die er in ihren örtlichen Trachten vor bräunlichem, dünn und durchscheinend mit dem Pinsel aufgetragenem Hintergrund schildert (Wichmann 615). Zu ihnen zählt auch unsere bisher unbekannte Studie einer Dachauerin mit Schirm, die Spitzweg mit großer Ernsthaftigkeit beschreibt. Von dem nur flüchtig mehr im Sinne einer Grundierung ausgeführten Hintergrund eindringlich abgehoben, blickt die Figur den Betrachter mit offenen, wachen Augen an. Zur schwarzen, mit Spitze eingefassten Haube, die sie als verwitwete Frau kennzeichnet, trägt sie ein schwarzes Halsband, das sogenannte Florband. Spitzwegs malerische Konzentration gilt dem Gesicht der Frau, die ausdrucksstark mit leicht rosigen Wangen und kaum bewegt der Welt begegnet, und dem Farbenspiel auf ihrem Oberkörper, wo Blau-, Rot- und Ockertöne ihr festliches Gewand bestimmen; der Bortenbesatz ihres Mieders gerät zu einem Farbakzent aus Rot und Grün. In langen, fließenden Falten fällt ihr Stehfaltenrock, den Spitzweg mit langen Zügen des Pinsels nur skizzenhaft andeutet.
Spitzweg war oft mit seinem Malerfreund Eduard Schleich d. Ä., mit dem er seit etwa 1835 bekannt war, von München aus ins Amperland gewandert, wo sie viele Freunde hatten. Sie waren willkommen bei den Bauern in Dachau und im Umland, wo Spitzweg seine Studien anfertigte, die zwischen typenhafter Charakterisierung und porträthafter Erfassung stehen. Manche dieser Dargestellten sind namentlich bekannt, doch zumeist sind es charakteristische Typen in ihren Trachten, die nicht nur stellvertretend den jeweiligen Landstrich repräsentieren, sondern mit denen Spitzweg auch eine kulturelle Vielfalt dokumentiert, die heute weitgehend verschwunden ist. Roennefahrt kannte noch mehr solcher Studien von Dachauer Frauen und Bäuerinnen – u. a. eine Dachauer Bäuerin in schwarzem Kleid, eine Bäuerin in geblümtem Kleid mit roten Ärmeln und ein Dachauer Mädchen in weißer Schürze (Roennefahrt 31), die 1908 im Kunstverein ausgestellt wurden, doch deren Spuren sich bis heute wieder verloren haben.
– Verso am oberen Rand an Rückblatt montiert, am unteren Rand Spuren von Kleberesten. Leicht lichtrandig. Ecken bestoßen und vereinzelt geringfügige Fleckchen. Insgesamt in guter Erhaltung.

Die Authentizität der vorliegenden Arbeit wurde von Detlef Rosenberger am 9.5.2019 bestätigt. Das Werk wird in das in Vorbereitung befindliche digitale Werkverzeichnis aufgenommen.

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