Details

Provenienz:
C. G. Boerner Auktionen, Leipzig, 28. April 1939, Kat.-Nr. 201 (?).

Beschreibung

Das Studium des weiblichen Aktes spielt im zeichnerischen Werk Schnorrs eine besondere Rolle. Wie kein anderer hat er im Kreis der Nazarener, die eigentlich nur nach männlichen Modellen zeichneten, als Protestant seit 1819 in Rom in von Johann David Passavant im Palazzo Caffarelli eingerichteten Abend-Akademien das Zeichnen nach dem nackten weiblichen Modell propagiert. So berichtete der mitteilsame Schnorr am 28. Juli 1821 seinem Vater, er und seine Freunde „hätten diesen Sommer gemeinschaftliche Studien nach Gewand und Nacktem gemacht.“ Und bereits 1820 hatte er gegenüber dem großen Sammler Johann Gottlob von Quandt bemerkt, er habe nun „einige Akte gezeichnet, die Ihnen Vergnügen machen würden, weil sie besonders von der Art sind, wie man sie zu zeichnen in Deutschland nicht leicht Gelegenheit hat.“
In diese Akademien reiht sich unsere Bleistiftstudie ein, die gleichermaßen den Wahrheits- und Reinheitsanspruch nazarenischer Kunst bezeugt. Durch den strengen Umriss und feinste Schraffuren des Bleistifts modelliert Schnorr den weiblichen Körper im Licht, der nahezu skulpturale Präsenz erreicht. Mit Hilfe des spitzen, harten Bleistifts, der für die in Rom tätigen deutschen Künstler zum charakteristischen Zeicheninstrument wurde, gelangt Schnorr zu einem feinen Gleichgewicht zwischen Naturbeobachtung und Stilisierung.
Für Schnorr waren solche Naturstudien zeitlebens besonders wichtig, weil er sich vor ihnen seiner selbst versicherte, sich seiner zeichnerischen Fertigkeit bewusst wurde. Die „Pentimenti“ an Arm und Bein zeigen, dass sich Schnorr der Position des Aktes nicht von Anfang an sicher war. Trotz der akademischen Stellung ist der Figur eine Demut eigen, die nicht von ungefähr an Akte Dürers erinnert. Seine Eva aus seinem berühmten Kupferstich „Adam und Eva“ stand für Schnorrs Akt Pate, der in seiner Rechten ähnlich wie Eva den Apfel eine Birne hält. Nicht auszuschließen ist, dass Schnorr bereits vorschwebte, die besondere Stellung des Aktes in einem Gemälde oder Fresko zu benutzen. Bisher ist es nicht gelungen, dieses ausfindig zu machen, doch stellte Schnorr vor allem bei späteren Akten in Zusammenhang mit seinen monumentalen Fresken seine Akte genau so, wie er sie in seinen Kompositionen verwenden wollte. – Im Rand leicht fleckig. In der rechten unteren Ecke mit kleineren Braunfleckchen. Je ein hinterlegter Einriss an der unteren bzw. rechten Blattkante. Verso in den Ecken auf die Unterlage montiert, ansonsten in gutem Zustand.

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