Details

Vgl. Richter 80.
Provenienz:
Sammlung Heinrich Joachim Herterich, Hamburg;
Sammlung Otto Speckter, Hamburg; seither in Familienbesitz.

Beschreibung

„Wir haben nie eines zu Gesicht bekommen, aber der Beschreibung nach müssen wir sie zu dem Besten rechnen, und vielleicht sind sie die einzigen Stücke, wo ein höherer Sinn in dieser zierlichen Schnitzerei wirklich ausgedruckt worden; über den Geschmack, das Sinnreiche, die Fülle und die Lieblichkeit dieses Märchenmalers kann nur Eine Stimme sein“ schrieb der Berliner Schriftsteller und Diplomat Karl August Varnhagen von Ense in seinem 1814 erschienenen Aufsatz „Vom Ausschneiden“ über Runges Scherenschnitte (zit. nach: Hersg. Konrad Feilchenfeldt und Ursula Wiedenmann, „Karl August Varnhagen von Ense, Biographien, Aufsätze, Skizzen, Fragmente“, Frankfurt/Main, 1990, S. 387). Schon zu Lebzeiten des Künstlers hochgeschätzt, verkörpern diese Werke Runges heute in besonderer Weise den Geist und das Lebensgefühl der Romantik; Jörg Traeger bezeichnet sie als „Keimzelle der deutschen romantischen Kunst“ (In: Cornelia Richter, „Philipp Otto Runge: Ich weiß eine schöne Blume“, München, 1981, S. 7).
Schon früh übte sich der Künstler in dieser zu seiner Zeit weit verbreiteten Kunst. In seinen Weißschnitten verzichtet er auf die sonst übliche ziselierte Binnengestaltung, sondern setzt ganz auf das Gleichgewicht der Flächen, die auch Projektionsfläche für die ausgestaltende Phantasie sind. Durch Überschneidungen – hier des mittleren Blatts mit den Stängeln – schafft er den Eindruck von Raum und Volumen, ohne die ornamentale Gesamtwirkung zu vernachlässigen. Dabei dienen seine Scherenschnitte Runge dazu, aus der Erscheinungsvielfalt der individuellen Blumen und Blätter das Charakteristische herauszudestillieren und in der Fläche zu abstrahieren. Diese Betonung des Umrisses, diese Abstraktion sind Stilmerkmale, die auch in seinem malerischen und zeichnerischen Werk eine große Rolle spielen. Gleichzeitig fängt er die Pflanze als lebendiges Wesen mit individuellen Merkmalen ein: Im Fall der Kornblume sind es die gezackten Köpfe, zwei voll, zwei noch kaum erblüht, die auf zarten Stängeln lasten, anmutig unterfangen von schlanken lanzettförmigen Blättern, die Bewegung suggerieren.
Nur ein kleiner Teil der Scherenschnitte Runges hat sich bis heute erhalten. Dieses und die beiden folgenden Exemplare sind die letzten drei Silhouetten aus einer Sammlung, die sich bis zum Freundeskreis des Künstlers zurückverfolgen lässt.
Wir danken Professor Konradt Feilchenfeldt für freundliche Hinweise zur Katalogisierung.

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