I am still alive.

Details

Provenienz:
Privatsammlung, Norddeutschland.

Beschreibung

Als die Konzeptkunst die Kunstwelt in den 1960ern erobert, beginnt On Kawara die Philosophie des Existentialismus in seiner Kunst zu reflektieren. Die Idee von Sartres Hauptwerk „Das Sein und das Nichts“ überträgt er auf seine eigene Person. Seine extreme Introvertiertheit ist in der Kunstszene wohlbekannt, umso verwunderlicher ist die Tatsache, dass On Kawara sein Leben öffentlich dokumentiert und in Kunst verwandelt. Akribisch verzeichnet er sein Leben und seinen Tagesablauf. Auf seinen Gemälden macht der Künstler das Entstehungsdatum zum Sujet, er notiert in seinen publizierten Notizbüchern die Namen von Bekanntschaften und versendet täglich Postkarten mit verzeichneten Wegstrecken, die er an dem Tag zurückgelegt hat, oder tägliche Aufstehzeiten. 1969 entwickelt er den Gedanken weiter und verschickt an seine Freunde Telegramme mit der reduzierten Botschaft: „I AM STILL ALIVE“, Anzahl und Frequenz sind nicht festgelegt, doch werden sie bis zum Ende verteilt. Das heute veraltete Medium, das zuvor für wichtige Nachrichten, wie zum Beispiel Todesfälle, vorgesehen war, erhält nun die neue Aufgabe, den noch andauernden Lebenszustand zu bestätigen. Diese Botschaft vermittelt beim Empfänger nicht wirklich ein Gefühl der Erleichterung, sondern ist zugleich eine Erinnerung an On Kawaras und die eigene Vergänglichkeit. Ferner bezieht sich die Aussage nur auf einen einzigen Zeitpunkt. Bis zu seinem Lebensende ist On Kawara permanent auf Reisen, verweilt nie lange an einem Ort. 1995 reiste er für ein Ausstellungsprojekt nach Island. Das vorliegende Telegramm, mit einem isländischen Empfänger, gehört zur Reihe der aus aller Welt stammenden „I AM STILL ALIVE“-Nachrichten. – Horizontale Knickfalte (Umschlag), sonst in sehr gutem Zustand.