Beschreibung

In dunklen Grau- und Brauntönen, teils skizzenhaft flüchtig, teils detailliert genau, schildert der junge Hans von Marées eine siebenköpfige Gauklertruppe auf der Fahrt über das erdige Land. Von Marées Duktus wirkt locker, fast flüssig und hat noch nicht die spätere Pastosität erreicht, doch lassen sich charakteristische Merkmale ausmachen, die für das spätere Werk stilprägend sind: So setzt von Marées bereits hier jene akzentuierten Farbfleckchen, die neben den hellen Grau-Weißpartien zu den lichten Spannungsmomenten seiner Bilder gehören. Als zentrale Figur inszeniert er – aufrecht auf einem strahlendweißen Schimmel reitend – den offensichtlichen Anführer der Truppe. Bei dem im Werk häufiger auftretenden Motiv des Schimmelreiters wirkt das auffällig helle Fell des edlen Tieres fast übernatürlich heroisiert und überträgt jene Würde zugleich auf den Reiter selbst. Knapp 20 Jahre später wird Hans von Marées sich als Sankt Georg auf einem Schimmel reitend porträtieren und sich selbst zum Heiligen im Kampf mit dem Drachen stilisieren („Drachentöter“, 1880, Nationalgalerie, Berlin). Hans von Marées‘ Gemälde tragen stets sehr eigenwillige Züge, sein künstlerisches Selbstverständnis war unbeirrbar. Zeit seines Lebens suchte er nach jenen idealen Ausdrucksformen, die er in Italien in der Kunst Raffaels, Peruginos oder Andrea del Verrocchios gefunden hatte und die er in seinen eigenen Kompositionen neu zu definieren versuchte. Auch im vorliegenden Frühwerk steckt bereits viel von jener verborgenen Symbolkraft, es zeigt Künstler auf der Reise, Künstler beim Aufbruch zu neuen Zielen und einfaches Volk zum Bildthema erhoben. Aber noch sind die Figuren realistisch gekleidet und weit entfernt von den idealisierten Nackten in verklärten Szenerien, wie sie spätestens ab 1873 im ersten großen Künstlerauftrag bei der Ausmalung des Saals der Zoologischen Station in Neapel zur Ausführung kamen („Orangenernte“, 1873, Zoolog. Station, Neapel). Als Hans von Marées 1887 im Alter von nur 50 Jahren in Rom stirbt, bleibt er von den meisten seiner künstlerischen Zeitgenossen unverstanden. Erst Jahrzehnte später sollte die Monumentalität und tiefe Symbolkraft seiner Gemälde zum Vorbild einer neuen modernen Generation von Künstlern wie Paul Klee, Karl Hofer oder Wilhelm Lehmbruck werden.
Gemälde Hans von Marées sind auf dem internationalen Kunstmarkt kaum verfügbar und von großer Seltenheit.
Die Leinwand doubliert; im Randbereich berieben und teils retuschiert; insgesamt mit gleichmäßigem Craquelé, sonst gut erhalten.

Ausstellung: Hans von Marées, Sehnsucht nach Gemeinschaft, Staatliche Museen zu Berlin in der Alten Nationalgalerie, 1. Oktober 2008 – 11. Januar 2009.

Literatur: Christian Lenz, Fahrendes Volk, in: Weltkunst, Nr. 7, Juli 2004, S. 49-51, mit Abb. S. 49;
Angelika Wesenberg (Hrsg.), Hans von Marées, Sehnsucht nach Gemeinschaft, Staatliche Museen zu Berlin in der Alten Nationalgalerie, Sandstein Verlag, Dresden, 2008, mit Abb. S. 7

Provenienz: Karl & Faber, Auktion 185, München 8./9. Juni 1993, Los 354; Privatsammlung, Süddeutschland.

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