Alexej von Jawlensky

Still life (fruit and dish in front of patterned wallpaper)

Details

Jawlensky/Pieroni-Jawlensky/Jawlensky 177.

Mit einer Fotoexpertise von Dr. Bernd Fäthke, Wiesbaden, vom 16.3.2008.

Provenienz:
Adolf Erbslöh, München und Irschenhausen;
bis 2005 im Erbgang in Familienbesitz;
Privatbesitz, Bayern.

Description

Im Jahr 1907 setzt sich Jawlensky mit den Arbeiten des gerade verstorbenen Künstlers Paul Cézanne auseinander. In Paris sieht er eine große Retrospektive, in München zeigt die Münchner Moderne Galerie von Thannhauser Arbeiten auf Papier des französischen Meisters. Der Einfluss seiner Kunst ist in dem vorliegenden Stillleben klar erkennbar: Wie auch Cézanne reduziert Jawlensky die Darstellung auf wenige Gegenstände. Acht Äpfel und zwei größere Früchte, wohl Quitten, reihen sich auf einer Kommode auf oder liegen in einer einfachen Porzellanschale. Wie auch bei Cézanne werden die Früchte mit einer Linie klar eingefasst, die Früchte überlappen einander nur wenig und werden als einzelne Objekte gemalt. Statt der gemusterten Tücher, die Cézanne häufig für seine späteren opulenten Stillleben verwendet, platziert Jawlensky seine Früchte hier vor eine Tapete mit Rocaillen und blauen Blütenmotiven. Auch die warmen, erdigen Farben erinnern an die Palette von Cézanne. Selbst die Art, wie Jawlensky mit eher kurzen und oft parallel gesetzten Pinselstrichen die Farben auf die Bildfläche bringt, erinnert an die Malweise des Franzosen. Durch den vorgelagerten grünen Apfel und den tiefen Schattenwurf erreicht Jawlensky jedoch eine ihm ganz eigene Raumtiefe.
Für beide Künstler hatten Äpfel eine besondere Bedeutung. Cézannes viel zitierter Satz “Mit einem Apfel will ich Paris in Erstaunen versetzen!” zeigt, mit welchem Selbstbewusstsein er das Stillleben anging. Jawlensky wiederum huldigt in seinem von Marianne von Werefkin niedergeschriebenen Glaubensbekenntnis den Apfel und erklärt anhand dieser Frucht seine Kunst: “Meine Freunde, die Äpfel, die ich so sehr wegen ihrer bezaubernden roten, gelben, lila und grünen Kleider liebe, sind, vor dem einen oder anderen Hintergrund, in dieser oder jener Umgebung, nicht mehr Äpfel für mich. (…) Sie klingen in meinem Auge wie eine Musik, welche die eine oder die andere Verfassung meiner Seele wiedergibt, die eine oder andere flüchtige Empfindung von der Seele der Dinge, von diesem Irgendetwas, das, unbestimmt und von aller Welt vernachlässigt, in jedem Objekt der materiellen Welt, in jeder Wahrnehmung, die uns von außerhalb kommt, erzittert. Diese Dinge sichtbar zu machen (…), indem ich (…) sie mit meiner Leidenschaft, die ich für sie hege, bekleide – das ist das Ziel meines Künstlerlebens.”
Auch in dem vorliegenden Werk strebt Jawlensky nach einer Darstellung unsichtbarer Gefühle vor dem Objekt, ausgelöst von den Dingen. Das tiefstehende, weiche Abendlicht, das von einer unsichtbaren Quelle von rechts ins Bild fällt, wirft lange Schatten, setzt blitzende Lichtakzente an der Kante der Schale und lässt das Obst in warmen Farben glühen. Auf der Lackschicht der Kommode bricht sich das Licht in changierenden Farben. Die musikalische Klangfärbung dieser Arbeit, mit den betont gesetzten Äpfeln und den Verzierungen der Tapete, wirkt abgestimmt und ausgeglichen. Alles in diesem Werk spiegelt innere Harmonie und Zufriedenheit wider. Gleichzeitig deutet sich in der Gegenüberstellung der Komplementärfarben Rot und Grün in den Äpfeln seine kommende expressionistische Phase an. Laut Dr. Fäthke handelt es sich hier um ein “seltenes und beachtenswertes Schwellenbild zum Expressionismus”.

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