Details

Nicht bei H.P. Defregger.

Mit einem schriftlichen Gutachten von Dr. Horst G. Ludwig, München, vom 10.3.2021.

Provenienz:
Ehemals amerikanischer Privatbesitz.

Description

Das waren noch Zeiten, als Liebesgeständnisse noch zu Papier gebracht wurden und Amor noch nicht per Instant-Messages kommunizierte! Defregger zeigt auf dieser Darstellung aus seinem Spätwerk zwei junge Frauen in Tiroler Alltagstracht, die gerade von der Feldarbeit zurückgekehrt sind. Die eine hat einen Brief empfangen, sich damit auf einem Baumstamm niedergelassen und widmet sich, nachdem sie ihn aus dem Kuvert befreit hat, nun aufmerksam der Lektüre. Ihren Rechen hat sie an den Lattenzaun gelehnt – die Pflicht muss jetzt warten! Die andere, wohl ihre Schwester, steht neben ihr und lauscht der Vorlesenden und versucht einen Blick auf das Geschriebene zu erhaschen. Bei der Briefleserin handelt es sich um ein Motiv mit einer langen Tradition, das schon bei Jan Vermeer auftaucht und seit Anfang der 1890er Jahre immer wieder von Defregger verarbeitet wurde (vgl. Defregger 1983, S. 338). Der Inhalt des Briefes bleibt jedoch ein Geheimnis. Im bestmöglichen Fall ist es ein Liebesbrief, vielleicht aber auch eine gute Neuigkeit, eine Antwort der verzogenen Freundin oder eine Nachricht des bald aus dem Krieg heimkehrenden Bruders.
Neben den zahlreichen Porträts, auf die sich Defregger spezialisiert hatte, nahm er sich in seinem Spätwerk gelegentlich auch die Zeit für mehrfigurige Kompositionen. Der Farbauftrag bei den Figuren ist kleinteilig, auf der Kleidung finden sich bisweilen leicht pastose Stellen wie bei dem gelben Halstuch der Stehenden. Der Boden sowie die vegetative Kulisse werden hingegen eher summarisch behandelt. So ist der kahle Baum im Hintergrund in lasierendem Farbauftrag wiedergegeben.
Defregger, der selbst aus einem Bergbauernhof in Osttirol aufwuchs, prägte das Bild seiner Heimat durch seine Genreszenen aus dem Alltagsleben maßgeblich mit. Er fing die vermeintlich heile Welt in den Tiroler Alpen ein, das raue Leben der Bergbauern, das von Armut und harter Feldarbeit geprägt war, sparte er aus. In den Vordergrund stellte er das Liebenswerte und Erfreuliche des menschlichen Daseins wie hier die Freude darüber, unverhofft von einem lieben Menschen Post in den Händen zu halten.

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