Friedrich Nerly

Basilica di Santi Maria e Donato on the island of Murano

Description

Friedrich Nerly hatte sich nach erfolgreichen Jahren in Rom 1835 entschlossen, nach Deutschland zurückzukehren. Über Genua und Mailand, wo er sich 1836 länger aufgehalten hatte, kam er nach Verona. Von dort machte er einen Ausflug nach Venedig – nicht ahnend, dass er die Lagunenstadt nie mehr verlassen würde. Ergriffen von der Schönheit der “Serenissima” mit ihren berühmten Palästen und Kirchen, von dem Gewirr der kleinen Gassen mit Treppen und Brücken, waren es vor allem die Mondnächte, die zuvor schon unzählige Dichter verzaubert hatten und denen auch Nerly erlag. Sein erstes in Venedig entstandenes Gemälde stellte laut Franz Meyer, dem ersten Biographen Nerlys, die Piazzetta mit der berühmten Markussäule im Mondschein dar, das er sogleich erfolgreich an den preußischen Kronprinzen verkaufen konnte. Es wurde zum Signet seiner Tätigkeit in Venedig – es sollen nicht weniger als 36 Fassungen existiert haben.
Geschäftlicher Erfolg paarte sich früh mit privatem Glück – er verband sich mit der Venezianerin Agathe Alexandra Aginovitch, Adoptivtochter seines Gönners Marchese Maruzzi, der als strenggläubiger Katholik allerdings wenig erfreut war zu hören, dass der aus Erfurt stammende Nerly dem protestantischen Glaubensbekenntnis anhing. Er strich jegliche Unterstützung und fortan war Nerly gezwungen, Aufträge für Gemälde, welcher Art auch immer, anzunehmen. Um eine solche Auftragsarbeit dürfte es sich auch bei unserem Gemälde handeln, das die imposante Chorpartie der Kirche Santi Maria e Donato in Murano im Morgenlicht zeigt. Sie ist eine der ältesten Kirchen in der Lagune überhaupt, deren im 12. Jahrhundert als zweistöckiger Arkadenumgang gestaltete Chor den von Venedig Ankommenden empfing. Nerly hat die eindrucksvolle, breit gelagerte Schauwand ins enge Hochformat überführt, dabei dem dynamischen Kirchenkörper kaum Platz zugestehend. Die Kirche ist in dem Rahmen gleichsam eingespannt, um dem vorgewölbten Chor zusätzliche Dynamik zu verleihen – ähnliches gilt für den Campanile hinter der Kirche. Mit großer zeichnerischer Akribie und Kenntnis der architektonischen Zierformen hat Nerly die Kirche auf die Leinwand gebannt; das Gemälde ist ein erster Beleg für Nerlys Interesse an der romanischen und gotischen Architektur in Venedig, der er sich später wiederholt widmen sollte. Es ist der vorweggenommene Blick des Fotografen – wenig später sollte der venezianische Fotograf Paolo Salviati die Kirche im gleichen Ausschnitt fotografieren, doch ist es mehr als reine Architekturdokumentation; es ist die stimmungsvolle Ansicht eines Morgens, in der sich das morgendliche, warme Licht sanft auf den rötlichen Backstein legt, ihn klar und durchsichtig aus sich strahlen lässt und die einzelnen Architekturglieder schattenreich vortreten. Und wie Nerly den Vordergrund, die Grenze zwischen Land und Wasser mit seinen Spiegelungen in offener, virtuoser Malweise gestaltet, knüpft direkt an seine in Rom entstandenen Ölskizzen an.
Mit dieser Mischung aus getreuer Architekturdokumentation und stimmungsvoller Vedute fand Nerly schon früh großen Anklang beim Publikum in Venedig. In der dortigen Gesellschaft außerordentlich gut vernetzt, wurde sein Atelier zum Anlaufpunkt von deutschen und ausländischen Fürsten, Königen und nicht zuletzt von Touristen auf der Suche nach einer Erinnerung aus Venedig – galt Nerly damals doch als derjenige Maler, “durch dessen Pinsel das jetzige Venedig am häufigsten und glücklichsten dargestellt worden ist” (Adolf Stahr: Herbstmonate in Oberitalien, Oldenburg 1860, S. 414).
Peter Prange

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