Adolph Menzel

Karoline Arnold, later Baroness Treusch von Buttlar-Brandenfels

Details

Tschudi 197

Literatur:
Hugo von Tschudi: Aus Menzels jungen Jahren, in: Jahrbuch der preussischen Kunstsammlungen 26, 1905, S. 241, Abb.; Cornelia Dörr: “Eine schöne Vereinigung der Meriten Krähwinkels mit den Prätenssionen von wenigstens Berlin”. Adolph Menzel in Hessen, Phil. Diss. Univ. Marburg, Marburg 1997, S. 166, Nr. 81, Abb. 111.

Ausstellung:
Adolph Menzel 1815-1905, “Das Labyrinth der Wirklichkeit”, Paris, Musée d’Orsay, 15.4.-28.7.1996; Washington, National Gallery of Art, 15.9.1996-5.1.1997; Berlin, Nationalgalerie im Alten Museum, 7.2.-11.5.1997, Kat.-Nr. 40, mit Abb. S. 124;
Galerie Pels-Leusden AG, Zürich 2002;
Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, München 2008;
In Pursuit of Timeless Quality, Michael Altmann Fine Art Gallery, New York 2016, mit Abb.

Provenienz:
Caroline Arnold, spätere Baronin Treusch von Buttlar-Brandenfels (1821-1833), Kassel; Freiin Stephanie Treusch von Buttlar-Brandenfels (1858-?), Plathe an der Rega/Pommern;
Hauswedell & Nolte, Hamburg, Auktion 293, 12./13. Juni 1992, Los 585, Tafel 19;
Art Cuéllar-Nathan, Zürich;
Privatbesitz, Schweiz.

Description

Ein Bildnis von Adolph Menzel, das ist ungewöhnlich. Er hatte sich der Gattung Porträt ja eigentlich verweigert, lehnte derartige Aufträge strikt ab, und nur im Familien- und engsten Freundeskreis schuf er besonders in den späten 1840er Jahren Bildnisse von höchster Intensität. Vergleicht man das Bildnis der Caroline Arnold (1821-1883) allerdings mit den spontanen Studien, die Menzel etwa gleichzeitig von seinen Geschwistern Emilie und Richard schuf, kommt man nicht umhin, dem Porträt der Tochter eines seiner besten Freunde Ernst eine gewisse Strenge zu bescheinigen. Tatsächlich ist es ein Porträt im eigentlichen Sinne, sie ist das Modell, sie standen sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber, während Menzel seine Geschwister in Situationen beobachtet, in denen sie sich unbeobachtet fühlen. Caroline dagegen präsentiert Menzel in der gleichermaßen traditionellen wie auch repräsentativen Form der Büste mit leicht nach links gewendetem Antlitz vor leerem Grund. Intensiv ist ihr Blick aus den weitgeöffneten Augen, die sie auf den Betrachter richtet, und es ergreift einen das Gefühl, dass nicht wir sie betrachten, sondern sie uns beobachtet; sie hält den Betrachter auf Distanz. Trotz der gefühlten Strenge ist es ein Gesicht, aus dem Lebensnähe und Klarheit sprechen – die ernsten Züge werden belebt durch die großen Augen, den roten Mund und nicht zuletzt dem Weiß der Bluse, das ihren Hals zu umspielen scheint. Ihre Kleidung widersetzt sich dem Ernst des Gesichts, hier erlaubt sich Menzel malerische Freiheit, auch die Büste beschreibt er locker und in großen Zügen.

Von Caroline kennt man nur noch ein weiteres, in der Haltung ähnliches Pastell (Berlin, Kupferstichkabinett, SZ Menzel 1326), das wohl vorher, noch 1847 möglicherweise als Vorstufe entstanden ist. Beide sind als Pastelle, also in farbigen Kreiden ausgeführt, in jener malerischen Zeichentechnik, die Menzel sich unter dem Eindruck der Beschäftigung mit dem friderizianischem Rokoko angeeignet hatte. Das Rokoko war die Hochzeit des Pastells, besonders in Frankreich, und Menzel führte es auf den Weg zur Farbigkeit, war für ihn eine Art “Brücke” zwischen Zeichnung und Gemälde – sie markieren den Übergang vom Zeichnerischen zum Malerischen. Trotz ihrer Zwischenstellung sind seine Pastelle doch vollgültige, eigene Werke und man geht sicher nicht zu weit, wenn man das Bildnis Carolines gerade seiner anspruchsvollen Haltung wegen als “Gemälde” in Pastellkreide bezeichnen würde. Auch von Carolines Schwester Friederike (Schweinfurt, Museum Georg Schäfer, Inv. Nr. 2271A) und ihrem Bruder Carl Johann (Berlin, Kupferstichkabinett, SZ Menzel 1723) schuf Menzel ähnliche Pastelle, die im Besitz der Familie Arnold verblieben. Menzels Pastelle sind eine private Angelegenheit, waren also nicht zum Verkauf bestimmt. Wenig später legt Menzel die Pastellkreiden zur Seite, angeblich – wie sein Freud Paul Meyerheim überliefert –, weil Menzel kein geeignetes Fixativ für die empfindlichen Blätter fand.
Caroline Arnold war die Tochter von Karl Heinrich Arnold, neben dem Potsdamer Regimentsarzt Wilhelm Puhlmann und dem Berliner Legationsrat Carl Anton Märker der engste Freund in Menzels frühen Jahren. Die Mitglieder der drei Familien wurden neben der eigenen Familie, hier besonders die Geschwister Emilie und Richard, immer wieder Gegenstand seiner privaten malerischen Erkundungen. Arnold, der in Berlin eine Tapetenfabrik besaß und selbst künstlerisch begabt war, hatte Menzel erstmals im Winter 1833/34 beim Abendzeichnen nach der Natur getroffen, das von einigen Künstlern veranstaltet wurde. Schon bald war Menzel häufiger Gast in seinem Haus am Monbijouplatz, in dem zahlreiche Künstler wie Karl Friedrich Schinkel, die Bildhauer Christian Daniel Rauch und der mit Menzel befreundete Friedrich Drake, aber auch die Maler Eduard Magnus und Eduard Meyerheim verkehrten. Arnold war es, der Menzel zur Ölmalerei anregte und hier entstanden die Vorlagen zu Lithografien in dem Kinderbuch der Emilie Feige (Der kleine Gesellschafter für freundliche Knaben und Mädchen, Berlin 1836), für die die drei kleinen Kinder Arnolds häufig das Modell abgaben. Diese auch für Menzel anregende Freundschaft wurde frühzeitig unterbrochen, als Arnold 1836 nach Kassel übersiedelte, um die väterliche Tapetenfabrik zu übernehmen.
Doch der freundschaftliche Kontakt riss nicht ab – immer wieder befeuert durch einen regen Briefkontakt, kam es auch wiederholt zu persönlichen Begegnungen: 1841 war Menzel im September für zwei Wochen in Kassel, wo er mit großem Eifer die Gemälde der Alten Meister in der Kasseler Galerie studierte und das Bildnis der Antonie Arnold (Klassik Stiftung Weimar, Graphische Sammlung, Inv. Nr. L 1201), der Frau des Freundes, und der Tochter Friederike (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Graphische Sammlung, Inv. Nr. Hz 5812) zeichnete; 1846 besuchte Friederike Arnold Menzel in Berlin, bei welcher Gelegenheit er ihr Bildnis malte (Berlin, Alte Nationalgalerie, Inv. Nr. A I 798); im Jahr darauf folgte der junge Carl Johann, der sich für die künstlerische Laufbahn entschieden hatte und drei Monate bei Menzel arbeitete; und 1847 schließlich kam Menzel selbst wieder nach Kassel – aus den zunächst beabsichtigten acht Wochen wurden acht Monate: Während dieser Zeit nahm Menzel in der Wohnung des Freundes Quartier, wo er den großen Karton mit dem Einzug Heinrich des Kindes, nachmaliger Landgraf von Hessen, mit seiner Mutter Sophie von Brabant in Marburg für den Hessischen Kunstverein ausführte. Zwischendurch, gleichsam als Abwechslung, entstand ein Bildnis des Freundes in Öl und je ein Pastell der drei Kinder. Das Bildnis der Caroline hat Menzel noch im März 1848 zum Ende seines Aufenthalts in Kassel gezeichnet, bevor er am 21. März nach Berlin zurückkehrte. – Alt auf den Untersatz aufgezogen und unter Passepartout montiert, ansonsten gut und farbfrisch erhalten.

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