Wilhelm Morgner

Blue boy with a scythe

Details

Tappert 117 (handschriftliches Nachlassverzeichnis).
Mit einem ausführlichen Gutachten von Walter Weihs, Soest, vom 24.2.2021. Das Gemälde ist im Werkverzeichnis der Gemälde Morgners im Wilhelm-Morgner-Archiv, Soest, unter der Archivnummer WV Weihs/Tappert 117A registriert.

Provenienz:
Nachlass des Künstlers;
Privatbesitz, Rheinland, um 1947/50 durch Vermittlung von Dr. Hans Lühdorf (Düsseldorf 1910-1983) direkt bei der Mutter des Künstlers erworben, durch Erbschaft innerhalb der Familie weitergegeben.

Descrizione

“Die Natur ist ein Erzeugnis meiner Phantasie durch das Zusammenarbeiten von allen möglichen künstlerischen Ausdrucksmitteln. Ich sehe nicht ein, warum ich versuchen soll die Natur darzustellen. Das Sein ist Illusion und ich bin Wahrheit.” Wilhelm Morgner in einem Brief an Horst Tappert vom 27.9.1911, in: Knupp-Uhlenhaut, Christine, Wilhelm Morgner. Briefe und Zeichnungen, Soest 1984, S. 33.

Wilhelm Morgner wächst in gutbürgerlichen Verhältnissen im westfälischen Soest auf. Der Vater, ein ehemaliger Militärmusiker, stirbt früh, die Mutter hätte ihren Sohn gerne als Pfarrer gesehen. Doch Morgner hat andere Pläne: Ermutigt durch die Fürsprache Otto Modersohns, ebenfalls gebürtiger Soester und Mitbegründer der Malerkolonie Worpswede, tritt er 1908 in die private Kunstschule Georg Tapperts in Worpswede ein. Dieser bleibt bis zu Morgners Tod sein künstlerischer Berater und Freund. Bereits 1909 kehrt Morgner in seine Heimatstadt Soest zurück, wo er sich in der Stadt und der Umgebung Ateliers einrichtet und noch im selben Jahr das erste Mal seine Werke ausstellen kann. Ab 1911 reist er häufiger nach Berlin und findet dort Anschluss an die Kreise der modernen Künstler, darunter Arnold Topp und Wilhelm Wulff. Hier kommt er außerdem in Kontakt mit dem Pointillismus und lernt Werke van Goghs und des frühen Expressionismus kennen. All diese neuen Stile nehmen starken Einfluss auf sein Schaffen – er verarbeitet die gewonnenen Erkenntnisse in seinen Arbeiten, welche sich ab 1912 zunehmend von der gegenständlichen Darstellung lösten und mit der Wirkung der reinen Farbe auseinandersetzten. Infolge seines wachsenden Renommees kann Morgner seine Arbeiten in wichtigen Ausstellungen zeigen. Von 1911 an, mit 20 Jahren, beteiligt sich der junge Künstler an Ausstellungen der Neuen Sezession in Berlin, des Blauen Reiters in München oder des Sonderbunds in Köln.

In dieser Zeit entsteht das Gemälde “Blauer Junge mit Sense”. Im Zentrum des Bildes sitzt ein Bauernjunge in blauer Arbeitskleidung, mit braunem Hut und Holzpantinen, der konzentriert mit beiden Daumen die Schärfe seiner Sense prüft. Hinter ihm scheint die Sonne auf- oder unterzugehen. Der Bildraum um die Figur wird durch Linien, Wellen, Kreise und kurze Pinselstriche in leuchtenden Farben abstrahiert und rhythmisiert. Die Farben und Formen haben sich vom Naturvorbild gelöst und bilden einen ornamentalen Rahmen um die Figur in der Mitte des Bildes.

Das Gemälde gehört zu einer Gruppe wichtiger Arbeiten des Jahres 1911, in denen Morgner mit Vorliebe bäuerliche Gestalten oder Handwerker in noch gegenständlicher Auffassung malt, sie jedoch schon großformatig in einer ihm ganz eigenen Art in ein farbenprächtiges abstraktes Umfeld setzt.

Ähnlich wie der von ihm bewunderte Maler Vincent van Gogh und die französischen Pointillisten Paul Signac und Georges Seurat bezieht auch Morgner seine Motive unmittelbar aus seinem Umfeld – aus der Natur und dem einfachen Lebensalltag der darin arbeitenden Menschen. Auf klar gegliederten Bildern zeigt er in chiffrenhafter Vereinfachung Menschen bei der Feldarbeit oder bei archaisch anmutenden Tätigkeiten. Die Gesichter sind nur schemenhaft dargestellt oder ganz ausgespart. So wirken Morgners Protagonisten wie zeitlose Platzhalter ureigenster menschlicher Verrichtungen.

Walter Weihs, der Verfasser des Werkverzeichnisses der Gemälde von Wilhelm Morgner, schreibt in seinem Gutachten, dass “Blauer Junge mit Sense” von herausragender Bedeutung in Morgners malerischem Werk ist und in einer Linie mit den beiden 1911 entstandenen, bekannten Werken “Der Holzarbeiter” (Öl auf Leinwand, 143 x 197 cm, Weihs/Tappert 112) und “Mutter mit Kind auf blauem Korb” (Öl auf Leinwand, 135 x 192 cm, Weihs/Tappert 119A) gesehen werden muss. Diese beiden Gemälde sind wichtige Schlüsselwerke Morgners und befinden sich in den Kunstsammlungen der Stadt Soest im Museum Wilhelm Morgner.

Nur zwei Jahre nach der Entstehung von “Blauer Junge mit Sense”, im Jahr 1913, muss Morgner eine deutliche Einschränkung seiner künstlerischen Arbeit hinnehmen – er wird zum Militärdienst einberufen und kann keine aufwendigen Ölbilder mehr erstellen.

Als Morgner mit nur 26 Jahren am 6. August 1917 in der Schlacht bei Langemark in Westflandern fällt, bleiben viele seiner Bilder unsigniert. Morgners typische an einen Schmetterling erinnernde Monogrammligatur wird von seiner Mutter, seiner Schwester Mari und auch von Georg Tappert angebracht. Das vorliegende Gemälde aber gehört zu den wenigen Werken, die ein Monogramm von der Hand des Künstlers tragen, noch in der frischen Farbe der Malerei aufgetragen.

Heute gilt Wilhelm Morgner trotz seiner kurzen Wirkungszeit als einer der bedeutendsten Künstler des Westfälischen Expressionismus und als Wegbereiter der Moderne; die 235 Gemälde und nahezu 2000 Zeichnungen aus seinem Nachlass befinden sich zum Teil in Sammlungen namhafter Museen in Deutschland, Österreich, England, der Schweiz und den USA.

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