Max Beckmann

Portrait of Jeanne Kaumann

Details

Verso auf dem Keilrahmen mit Bleistift bezeichnet “Kaumann” sowie mit Stempel einer Malbedarfshandlung und Speditionsetikett für die Ausstellung in Bielefeld 1982.

Göpel 171; Tiedemann 171.

Literatur:
Dammann, Walter H., Aus Hamburger Kunstsälen. Kunstverein, Ausst.-Rezension in einer nicht näher bezeichneten Hamburger Tageszeitung, Februar 1914;
Gallwitz, Klaus u.a. (Hrsg.), Max Beckmann Briefe, München/Zürich 1993/94, Bd. I (1899–1925), S. 81-87 und Bd. II (1925–1937), S. 106;
Lott-Reschke, Dagmar, “Du holde Kunst, ich danke dir”. Henry B. Simms – Kaufmann und Sammler, in: Ausst.-Kat. Private Schätze. Über das Sammeln von Kunst in Hamburg bis 1933, Luckhardt, Ulrich und Schneede, Uwe M. (Hrsg.), Kunsthalle Hamburg, Hamburg 2001, S. 62-68.

Ausstellung:
Herbstausstellung (der aus der Berliner Secession Ausgetretenen), Ausstellungshaus am Kurfürstendamm, Berlin 1913, Kat.-Nr. 9, o. Abb.;
Max Beckmann. Walter Geffcken. Jules Pacin, Kunstverein Hamburg 1914, o. Kat.;
Max Beckmann. Das gesammelte Werk. Gemälde, Graphik, Handzeich­nungen aus den Jahren 1905 bis 1927, Städtische Kunsthalle, Mannheim 1928, Kat.-Nr. 35, o. Abb. (“Bildnis einer jungen Dame”);
Max Beckmann. Die frühen Bilder, Kunsthalle Bielefeld, 1982, Kat.-Nr. 69, mit s/w Abb. S. 121, verso auf dem Keilrahmen mit dem entsprechenden Speditionsetikett.

Provenienz:
Sammlung Albert und Else Kaumann, Hamburg, direkt vom Künstler erworben;
Jeanne Harder (1895-1975), verw. von Glasenapp, geb. Kaumann, Hamburg und Lägerdorf;
Hamburger Kunsthalle (Leihgabe);
Hauswedell & Nolte, Hamburg 8./9.12.1994, Los 42, mit farb. Abb. Tafel 1;
Serge Sabarsky, New York, ca. 1994-1996;
Serge Sabarsky Collection, New York, seit 1996;
Moeller Fine Art, New York (in Kommission), verso auf der Rahmenrückwand mit dem Etikett;
Privatsammlung, USA.

Description

• Charakteristisches Porträt aus Beckmanns früher Werkphase vor dem Ersten Weltkrieg
• Jeanne Kaumann ist die Nichte des bekannten Hamburger Kunstsammlers Henry B. Simms, der vor dem Ersten Weltkrieg die umfangreichste Sammlung von Beckmann-Gemälden besitzt
• Seit 1994 in der renommierten Sammlung von Serge Sabarsky, Neue Galerie New York

Das Porträt Jeanne Kaumann entsteht 1913, in einem wichtigen Jahr für den erst 29-jährigen Künstler Max Beckmann. Seine erste Einzelausstellung mit fast fünfzig Gemälden wird von Paul Cassirer im Januar in Berlin gezeigt, parallel dazu erscheint im Cassirer-Verlag die erste von Hans Kaiser verfasste Monografie mit einer Übersicht über seine bis 1912 entstandenen Werke. Beckmann ist als renommierter Künstler etabliert und wird von einer festen Sammlerschaft unterstützt. Dazu zählt auch der Hamburger Kaufmann und Kunstsammler Henry B. Simms, von dem Beckmann Anfang des Jahres 1913 den Auftrag für ein großes Familienporträt erhält (Göpel 164). Simms, der von Alfred Lichtwark, dem ersten Direktor der Hamburger Kunsthalle, beraten wird, besitzt vor dem Ersten Weltkrieg die umfangreichste Sammlung früher Beckmann-Gemälde in Deutschland. Neben Lovis Corinth, Arthur Illies und Valentin Ruths zählen auch französische Impressionisten wie Monet, Renoir und Sisley sowie frühe Picasso-Werke und 26 Gemälde von Auguste Herbin zu seiner Sammlung. Das Haus Simms in Harvestehude an der Alster ist damals ein beliebter Treffpunkt für Kunstfreunde und Künstler. Dort lernt auch Simms Schwager Albert Kaumann, ebenfalls kunstliebender Kaufmann und Nachbar, Max Beckmann kennen und lässt im Sommer 1913 seine 17-jährige Tochter Jeanne von ihm porträtieren.

Beckmann wählt für seine Porträtaufträge in dieser Zeit neutrale, meist dunkle Hintergründe, die den Einfluss des bewunderten Rembrandt erahnen lassen. Die jugendliche Jeanne Kaumann stellt er vor solch einem dunkelrotbraunen Hintergrund in einem feinen, weißen Kleid dar, das er mit breitem, aufgelockertem Pinselstrich äußerst nuancenreich wiedergibt. Als einziges Schmuckstück trägt sie einen schmalen Armreif, ansonsten steht ihre natürliche jugendliche Schönheit im Mittelpunkt.

Jeanne Kaumann schildert 1966 in einem Brief ihre persönlichen Erinnerungen an die Porträtsitzungen mit Max Beckmann im Juli und August 1913 (zit. n. Göpel 1976, S. 121). “Meine Mutter hatte sich begeistert für ein Porträt von Beckmanns Frau – ganze Figur, helles Kleid, B’s (Beckmanns) Lieblingsformat –, dass wie ich glaube, mein Onkel (Henry B. Simms) damals besaß (Göpel 120). Nun kam Beckmann im Sommer 1913 auf mehrere Wochen in mein Elternhaus in Hamburg, Harvestehuderweg 122, um mein Porträt zu malen, wenn auch nicht in dem bewussten Format. Ich hätte wahrscheinlich gar nicht so lange stehen können, denn jede Sitzung dauerte eine ganze Zeit am Vormittag bis er dann fertig war, wochenlang. Corinth malte ein herrliches Porträt von meinem Vater in 3 oder 4 Vormittagen! Ich war damals 17 Jahre alt, gerade aus dem Schweizer Internat gekommen und hatte mir eine schwedische Freundin mitgebracht. (…) Wir hatten mit Beckmann viel Spaß und eine sehr vergnügte Zeit. Es wurde Pferdesport getrieben und jeden Abend waren wir in unseren Booten zum Rudern oder Segeln auf der Alster.”
Von dem Aufenthalt Beckmanns bei der Familie Kaumann im Sommer 1913 existiert ein Foto, das den Künstler mit den beiden jungen Damen zeigt. Jeanne trägt dort das gleiche zartweiße Sommerkleid, wie auf dem Gemälde.

Der Künstler bedankt sich bei Albert Kaumann Ende August für den “reizenden Aufenthalt” per Brief: “(…) Ich möchte Ihnen nochmals sagen, wie sehr wohl ich mich in Ihrem Haus gefühlt habe und wie gern ich an diese Zeit zurückdenke. Ich wünsche sehr, dass Ihnen das Porträt auch weiter Freude macht.” (zit. nach: Max Beckmann. Briefe, Bd. I 1899-1925, München/Zürich 1993, S. 84). Im November entleiht Kaumann auf Beckmanns Bitte hin das Porträt seiner Tochter für die Herbstausstellung in Berlin, im folgenden Februar ist es im Kunstverein Hamburg ausgestellt. Das Gemälde bleibt jahrzehntelang im Besitz der Familie Kaumann, zeitweise ist es als Leihgabe in der Hamburger Kunsthalle ausgestellt, bevor es dann 1994 im Hamburger Auktionshaus Hauswedell & Nolte versteigert wird. Dort erwirbt es der legendäre Kunsthändler und Sammler Serge Sabarsky. Der aus Wien stammende Sabarsky gründet gemeinsam mit dem Unternehmer Ronald Lauder das Museum “Neue Galerie New York” für deutsche und österreichische Kunst, das 2001 am Central Park in New York und in direkter Nachbarschaft zum Metropolitan Museum of Art eröffnet wird. Aus dieser einzigartigen Sammlung, die geprägt ist von Sabarskys untrüglichem Gespür für deutsche Kunst vor dem Zweiten Weltkrieg, stammt nun das hier angebotene Beckmann-Porträt von Jeanne Kaumann.

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