Guido Reni (Schule)

Psyche watching the sleeping Cupid

Details

Provenienz:
Privatbesitz, Süddeutschland.

Description

Wir werden Zeuge einer häufig erzählten Grenzüberschreitung: Die wunderschöne Königstochter Psyche hatte die Eifersucht der Göttin Venus erregt, weil aufgrund ihrer Schönheit nur noch deren irdische Stellvertreterin verehrt wurde und ihre eigenen Heiligtümer verödeten. Deshalb bat sie ihren Sohn Amor, Psyche zu erniedrigen. Der verliebt sich jedoch in Psyche und entführt sie in seinen Palast, wo er sich seiner Gefangenen nur nachts nähert, damit seine Mutter nichts merkt. Eindringlich ermahnt er Psyche, sich nicht verleiten zu lassen, zu versuchen, herauszufinden, wer er sei. Eines Nachts nähert sie sich jedoch ihrem Geliebten und betrachtet Amor mit einer Öllampe, der erwacht, als ein Tropfen heißen Öls auf ihn fällt – derartig getäuscht, fliegen er und die Liebe davon.
In der Folge wird Psyche eine Reihe von qualvollen Prüfungen auferlegt, die erst durch die Fürsprache Amors ausgesetzt werden – sie kann den Entschwundenen wieder in die Arme schließen und mit ihm eine Tochter zeugen, die sie “Hedone” nennen.
Diese von dem antiken Schriftsteller Apuleius in seinen “Metamorphosen” erzählte Geschichte berührt das Selbstverständnis des Menschen: Da ist zunächst die Neugier Psyches, ihre “curiositas”, der sie zum Opfer fällt. Obwohl sie weiß, dass die Verbindung mit Amor nur so lange hält, wie sie auf seinen Anblick verzichtet, siegen ihre Neugier und ihr Begehren. Und es ist nicht der verletzende, Leid bringende Pfeil Amors, der die Erkenntnis bringt, sondern ein Tropfen heißes Öl – Öl, das das Licht nährt, gleichsam das Licht der Erkenntnis hervorbringt, die Psyche sogleich wieder zerrinnt, denn selbst mit dem Licht kann sie Amor nicht als das erkennen, was er ist.
Und der Betrachter? Er wird nicht nur Zeuge der Überschreitung des Verbots, er nimmt gleichsam aktiv daran teil, denn ihm wird die erotische Szene hinter einem Vorhang enthüllt und präsentiert. Er wird zum Komplizen Psyches und ihm stellt sich im Wissen um ihr Schicksal die Frage nach dem Geheimnis der Erotik in all ihren Facetten. Es ist gleichsam eine menschliche Parabel – es geht um Begehren und Vernunft, um die Bewahrung des Geheimnisses oder dessen Aufdeckung; die leuchtende Lampe verheißt Erkenntnis, doch gleichzeitig entflammt der heiße Tropfen Öl das Feuer der Leidenschaft.
Die Geschichte der beiden Liebenden wurde in der Malerei häufig erzählt, besonders im 17. Jahrhundert, dem Zeitalter des Barock (vgl. etwa Simon Vouet, Amor und Psyche, ca. 1627, im Musée des Beaux-Arts, Lyon, Inv.-Nr. 1938-40). Unser qualitätvolles Gemälde ist im unmittelbaren Umfeld des Bolognesen Guido Reni entstanden, dem Vorreiter eines an der Antike geschulten, ästhetisierenden Klassizismus. In der ersten Jahrhunderthälfte entstanden, scheint es von den bekannteren Reni-Schülern wie Simone Cantarini oder Guido Cagnacci, letzterem nahe stehend, zu stammen, doch ist eine genauere Zuordnung derzeit nicht möglich. Unser Gemälde geht auf ein nur skizzenhaft ausgeführtes Gemälde Renis gleichen Themas zurück, das sich ehemals in der Sammlung Filippo Hercolanis in Bologna befand. Dieses heute verschollene, doch in einem Nachstich von Giacomo Mercoli überlieferte Gemälde entzückte noch Ende des 18. Jahrhunderts Maler in Bologna – Jacopo Alessandro Calvi etwa pries, obgleich nur skizzenhaft (“abbozzato”) gemalt, die Anmut (“grazia”) und besondere Ausstrahlung des Gemäldes, das das Auge des Betrachters erfreute. Diese unverhohlene Erotik, auf die Calvi anspielt, teilt sich dem Betrachter auch noch heute in unserem Gemälde durch seine sinnliche, delikate Malweise mit, die von einem Maler aus dem unmittelbaren Umfeld Guido Renis stammt.
Dr. Peter Prange

Wir danken Dr. Roberto Contini, Berlin, für wertvolle Hinweise bei der Katalogisierung des Loses.

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