Domenico Quaglio

The abbey of Saint Ouen in Rouen

Details

Trost VG 55 (?).

Literatur:
Brigitte Trost: Domenico Quaglio. 1787-1837. Monographie und Werkverzeichnis, München 1973, wohl Kat.-Nr. VG 55, S. 181.

Provenienz:
Wohl Sammlung Leo von Klenze (1784–1864), München;
Privatbesitz, Berlin.

Description

Domenico Quaglio nimmt in der weitverzweigten italienisch-deutschen Künstlerfamilie der Quaglio unumstritten den ersten Rang ein. Zunächst wurde er von seinem Vater Giuseppe, Leiter des Dekorationswesens am kurfürstlichen Hof- und Residenztheater, in Perspektive, Bühnenbildnerei und Theatermalerei unterrichtet. Ab 1803/04 war er selbst als Dekorationsmaler am Münchner Hoftheater tätig. Schon damals übten gewaltige, aus mittelalterlichen Stadtvierteln zum Himmel aufstrebende Kirchenbauten eine große Faszination auf ihn aus. Von 1808 bis 1814 war er als Hoftheatermaler angestellt, spezialisiert auf architektonische Szenerien, bei denen er das richtige Maßverhältnis an konstruktiver Rationalität, historischer Wahrheit und malerischer Fantasie finden musste. Obwohl er erst verhältnismäßig spät das Fach wechselte, stieg Quaglio zu einem der bedeutendsten Architekturmaler der deutschen Romantik auf. Er war ständig auf Trab, hielt u.a. das Münchner Stadtbild in einer Folge von Radierungen fest und unternahm weite Reisen durch halb Mitteleuropa. Seine Vorliebe galt, seiner romantischen Gesinnung entsprechend, aber nach wie vor den gotischen Domen, die er, mit einer hervorragenden Beobachtungsgabe ausgestattet und abgesehen von kleinen, aus ästhetischen Gründen vorgenommenen Veränderungen, mit fast fotografischer Genauigkeit und Sachlichkeit wiedergab. Aus diesem Grund zählen Quaglios Architekturansichten zu den zuverlässigsten Bauaufnahmen seiner Zeit, da sie kaum etwas hinzudichten, sondern selbst das noch so kleinste Detail gewissenhaft abbilden.
Zur Krönung Karls X. reiste Quaglio 1825 über das Elsass nach Reims und zog anschließend weiter durch die Normandie bis nach Rouen, wo die vorliegende Vedute wohl entstand. Vor einem hellen, klaren Frühlingshimmel heben sich die steinernen Massen der Abteikirche Saint-Ouen scharf ab und beanspruchen fast die gesamte Bildbreite. Quaglio wählt einen schrägen, leicht erhöhten Standpunkt südöstlich von der Kirche. Diese war ab 1318, unterbrochen durch den Hundertjährigen Krieg, erbaut und erst im 16. Jahrhundert im Flamboyant-Stil fertiggestellt worden. Sie zeichnet sich gegenüber anderen Kathedralen der Spätgotik durch die außergewöhnlich steile Proportionierung des Mittelschiffs und die nahezu vollständige Auflösung der Wände in Maßwerkfenster aus. Quaglio schildert die Kirchenfassade mit ihrem ganzen Formenreichtum, selbst die noch so schlankste Fiale wurde dabei nicht übersehen. Um die Kirche, die ringsum von Bäumen gesäumt wird, führt ein Weg, auf dem zahlreiche Kleriker in schwarzen Gewändern wandeln. Sie sind dabei kulissenhaft zusammengerückt. Eine Gruppe Geistlicher etwa verteilt Almosen, eine weitere nimmt Blumen von zwei Mädchen entgegen. Am rechten Bildrand befindet sich ein Wasserbecken, an dem Frauen in zeitgenössischer Volkstracht Wasser schöpfen und Viktualien niedergelegt haben. Die nach hinten kleiner werdenden Staffagefiguren beleben nicht nur die Szenerie, sondern verdeutlichen gleichzeitig die Tiefenabstände und bilden den Maßstab für die majestätische Größe des Gotteshauses.

Bei Trost ist eine weitere Ansicht der Saint-Ouen-Abtei (VG 54) gelistet, die sich ehemals im Besitz des Bayerischen Königshauses befand und deren aktueller Verbleib unbekannt ist. Die Beschreibung weicht aber deutlich von dem vorliegenden Blick ab, auch handelte es sich um ein Hochformat. Der Katalogeintrag erwähnt zusätzlich eine 1827 von Gustav Wilhelm Kraus angefertigte Lithographie, die sich von dem Motiv unterscheidet, aber wiederum mit unserer Darstellung im Querformat identisch ist. Bei der zweiten, im Werkverzeichnis aufgeführten Version aus der Sammlung des Geheimrates Leo von Klenzes könnte es sich also durchaus um unser Bild handeln, vollends belegen lässt sich diese Vermutung in Ermangelung werktechnischer Angaben aber nicht.

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