Günter Brus

“Ich bin Nichts und Alles rund um ist Gegenständlich”

Details

Ausstellung:
Tremor, Galerie Heike Curtze Düsseldorf, Wien 1993.

Provenienz:
Galerie Heike Curtze, Düsseldorf, Wien;
Privatsammlung, Nordrhein-Westfalen.

Description

1965 spaziert Günter Brus komplett in weiß gekleidet und weiß bemalt und mit einem schwarzen Strich, der sich vertikal durch seine Mitte zieht, durch die Straßen Wiens, bis er von der Polizei in die Wachstube abgeführt wird. Der Film seines “Wiener Spaziergangs” steht am Beginn der großen Retrospektive im Belvedere 21, die aktuell in Wien zu sehen und dem österreichischen Aktionisten zum achtzigsten Geburtstag gewidmet ist. Der Fokus der Ausstellung liegt darin, seine frühen radikalen Aktionen bis 1970 und das zeichnerisch-literarische Werk, welches in den darauffolgenden vier Jahrzehnten geschaffen wurde, in Verhältnis zu setzen; zwei Komplexe, die für Brus nie getrennt waren. 1993 entsteht die hier abgebildete Zeichnung, die als Selbstporträt und Hommage an seine Aktionen der wilden 1960er Jahre gesehen werden kann. Dargestellt wird er als weiße Figur, die von einem schwarzen Strich durchzogen wird, inmitten von blauen Blumen – dieser schwarze Strich, der bei Brus eine zentrale Rolle einnimmt, stellt seine Zerrissenheit dar, die ihn immer begleitete und die 1970 in der extremen Aktion “die Zerreißprobe” mit Selbstverstümmelungen endete.
Interessant dazu ist seine Antwort in einem 2015 erschienenen Interview in der Kulturzeitung “Achtzig” auf die Frage weshalb er seine sich selbst zugefügten Schnittwunden nie nähen lies: “Ich hatte mich auf Mutter Natur verlassen (…) das Ganze würde schon irgendwie heilen, dachte ich, und lag richtig. Bei der ‚Zerreißprobe‘ ist ein Schnitt im Oberschenkel allerdings zu tief geraten. Das hätte, im Nachhinein betrachtet, genäht gehört – die Zeit damals war aber eine unbekümmerte. Ein Arzt meinte, dass mein Schnitt am Kopf an der Grenze war. Wäre er noch tiefer gewesen, wäre ich daran wohl gestorben. Auch diese Verletzung wurde nicht genäht, es ist mir davon nicht einmal eine Narbe geblieben.” Sieht man etwas genauer hin, fällt auf, dass die weiße Figur inmitten der blauen Blumen in Grün und Gelb schimmert. In der Farbpsychologie ist Grün als Mischfarbe aus dem vorwärts drängenden Gelb und dem zurückweichenden Blau, die harmonische Mitte, der Stillstand, die Ruhe. Fand Brus trotz seiner Zerrissenheit Heilung durch die Natur und hat mit ihr seinen Frieden gefunden, da er sein Sein völlig von seinem Körper, seinen Emotionen und seinem Geist gelöst hat? Ich bin NICHTS. – Stellenweise winzige Bestoßungen am Rand, kleine punktuelle Bereibung am oberen Rand rechts. Von sehr schöner Erhaltung.

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