Details

Ausstellung:
“Mack Piene Uecker”, Museum Haus Lange, Krefeld, 20.1.-17.3.1963, verso mit dem Etikett (außer Katalog).
Provenienz:
Galerie Eversberg, München;
Privatsammlung, Süddeutschland (erworben von der Galerie Eversberg ca. 1990).

Description

Um 1962, ein Jahr, nachdem Uecker sich der Gruppe ZERO angeschlossen hat, vollzieht sich eine Wandlung in seinem Werk. An die Stelle der homogenen, gleichmäßig genagelten Reihungen treten organische Strukturen mit fließenden Oberflächen. Mit freier Hand ohne festgelegtes System in den Untergrund getrieben, gewinnt das einzelne Strukturelement nun ein größeres Eigenleben, auch wenn keines eine herausgehobene Rolle spielt.

Dies lässt sich besonders eindrucksvoll an der vorliegenden Arbeit beobachten. Uecker verwendet dafür lange, starke Nägel, die bis zu 13 cm aus dem Untergrund herausragen; sie geben dem Bild einen expressiven, archaischen Charakter. Dabei macht ihre leicht unregelmäßige Anordnung den Kraftakt der Werkentstehung augenfällig; häufig sind die Nägel in Ueckers Bildern in einer einzigen, kathartischen Aktion eingeschlagen. Weitere Rückschlüsse auf die physische Präsenz des Künstlers gibt die Größe der Zwischenräume; sie richtet sich nach dem Umfang seiner Finger. Anstelle von Kunstfertigkeit und Raumillusion tritt hier ein nachvollziehbarer handwerklicher Prozess, der für jeden Betrachter verständlich ist.

Den Materialcharakter der Nägel verschleiert Uecker durch den weißen Farbauftrag: “Ich habe mich für eine weiße Zone entschieden als äußerste Farbigkeit, als Höhepunkt des Lichtes, als Triumph über das Dunkel. Eine weiße Welt ist, glaube ich, eine humane Welt, in der der Mensch seine farbige Existenz erfährt, in der er lebendig ist.” (Günther Uecker, “Schriften”, St. Gallen 1979, S. 104). Wie Dieter Honisch ausführt, fällt die Wahl nicht nur aus formalen, sondern vor allem aus philosophischen Überlegungen auf die Farbe Weiß, die im Zusammenhang mit Yves Kleins Begriff der “Leere” zu sehen ist: “Es ging ihm zunächst gar nicht darum, Kunst zu machen, sondern in einer zerstörten und sich wirtschaftlich regenerierenden Welt einen geistigen Standort zu definieren” (Dieter Honisch, “Günther Uecker”, Stuttgart 1983, S. 22).

Eine maßgebliche gestaltende Rolle kommt im monochromen Objekt dem Spiel von Licht und Schatten zu: Der optische Eindruck der Komposition verändert sich mit der Tageszeit, mit dem Lichteinfall. Eine besondere Dynamik entsteht durch die Schräge der eingeschlagenen Nägel; sie erzeugt eine von links nach rechts gerichtete Strömung mit leichten Verdichtungen und der Andeutung von Wirbeln. So lässt die poetische Arbeit kaum noch an den konstruktiven Kontext oder das Aggressionspotenzial des Materials denken, sondern eher an einen Windstoß, der durch Gräser fährt, wie es der Künstler als Kind in den Dünen der Halbinsel Wustrow immer wieder beobachten konnte.

Ein typographisches Etikett auf der Rückseite belegt, dass dieses Nagelbild bereits kurz nach seiner Entstehung Teil der Ausstellung “Mack Piene Uecker” im Museum Haus Lange in Krefeld war. Veranstaltet durch Paul Wember, den “damals für neue Kunst wohl sensibelsten Museumsmann in Deutschland” (Honisch, op. cit., S. 72), erntete diese Schau zunächst herbe Kritik in der Presse, wird jedoch heute als eine der Pionierleistungen der ZERO-Rezeption gewertet; für die beteiligten Künstler bot sie den Anlass zur Formulierung des ZERO-Manifests. Schon früh wurde die Gruppe im Ausland gewürdigt, das Spektrum reicht hier von Ausstellungen in den Niederlanden, Belgien, Österreich, der Schweiz und Italien zu Beginn der 1960er Jahre bis zur aktuellen Schau “ZERO – Countdown to Tomorrow” im New Yorker Guggenheim-Museum.

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