Philips Wouwerman

Armee auf dem Marsch.

Details

Schumacher A 281, Abb. 262.
Mit Gutachten von Dr. Birgit Schumacher, datiert 11.1.2014.
Literatur:
John Smith, A Catalogue Raisonné of the Works of the Most Eminent Dutch, Flemish and French Painters, 9 Bde., London 1829-1842, Bd. 1 (1829), Nr. 466 und Bd. 9 (1842), Nr. 223.
Cornelis Hofstede de Groot, Beschreibendes und kritisches Verzeichnis der Werke der hervorragendsten holländischen Maler des XVII. Jahrhunderts, Esslingen und Paris, 1908, Bd. 2, Nr. 830.
Birgit Schumacher, Philips Wouwerman (1619-1668). The Horse Painter of the Golden Age. 2 Bde. Doornspijk 2006, Bd. 1, S. 283.
Ausstellung:
Ausst. Kat. “Philips Wouwerman, 1619-1668. Von Pferden und anderen Leidenschaften”, Museumslandschaft Hessen Kassel, Gemäldegalerie Alte Meister, 1.7. bis 11.10. 2009 und Koninklijk Kabinet van Schilderijen Mauritshuis, Den Haag, 12.11.2009 bis 28.2.2010, hrsg. von Fredeik Duparc und Quentin Buvelot, München/Zwolle 2009, Nr. 29, S. 128-129 und S. 179 (mit Abb.).
Provenienz:
Marquis de Marialva, Botschafter von Portugal, Paris (Versteigerung in Paris, 15. November 1824);
Urbino Pizetta (Versteigerung, Christie’s, London, 15. April 1825, Los 45; dort ersteigert von Mr. Hume);
Mr. Penell (Versteigerung, Phillips, London, 14.3.1835, Los 77);
Hans König, 1903, verso mit dem Sammlungs-Etikett;
Mrs. M. Barchard, Horstead Place, Sussex (Auktion, Sotheby’s, London, 2.7.1958, Los 34); dort ersteigert von Kunsthandel Duits, London;
Alfred Brod, London, 1977 (Auktion, Christie’s, London, 11.7.1980, Los 11);
Robert Noortman Gallery, London, 1983;
Privatsammlung, Norddeutschland.

Description

“Wouwerman ist ein außerordentliches, ein phänomenales Talent, ein Genie ohnegleichen. Er ist als Pferde- und Schlachtenmaler unübertroffen, als Kolorist einer der größten Meister, und als Zeichner und vermöge seines großartigen Kompositionstalents, welches die Landschaft in der reizvollsten Weise mit köstlichen Figuren zu beleben verstand, einzig in seiner Art”, urteilte Alfred Wurzbach 1910. Diese hohe Wertschätzung – Philips Wouwerman zählte im 17. und 18. Jahrhundert zu den am höchsten bewerteten Künstlern – hat sich bis in die Gegenwart hinein erhalten.
Vorliegende Darstellung zeigt den Marsch eines großen Heeres durch eine leicht hügelige und von einem kleinen Fluss durchzogene Landschaft mit hohen Bergen am Horizont. Das Sujet gehört zur Motivgruppe der Truppenbewegungen und ist in der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts relativ selten. Auch im Werk Wouwermans kommt es nicht häufig vor – Schumacher zählt in ihrem Oeuvreverzeichnis insgesamt nur zehn Truppenmarsch-Darstellungen, die allesamt dem Spätwerk zuzuordnen sind. Im Fokus der Komposition steht die pyramidal abgestufte Dreiergruppe von einem Schimmel und zwei dunklen Pferden mit dem aufrecht reitenden, durch seine rote Schärpe farblich hervorgehobenen Offizier und einem am Kopf verwundeten Soldaten, der auf Gepäckballen auf dem vom Schimmel gezogenen Wagen ruht. Der lange Tross der Soldaten einschließlich begleitender Frauen und Versorgungswagen bewegt sich in
einer lang gezogenen Kurve vom rechten Hintergrund über den linken Mittelgrund bis nach vorne rechts. Obwohl die Gesamtkomposition ruhig erscheint, stören doch einzelne Details den friedvollen Eindruck: Da sind zum einen die bildbeherrschenden dunklen Wolken über dem Berg, die wie eine gewaltige Rauchsäule wirken. Zum anderen fällt dem Betrachter sofort der Verletzte mit seinem weißen Kopfverband und der Fahne ins Auge. Und die anscheinend gleichmäßige Vorwärtsbewegung stockt aufgrund eines im Fluss festgefahrenen Versorgungswagens links im Bild. So wird deutlich, dass Wouwerman hier keine Soldatenidylle malt, sondern ein ziehendes Heer nach einer Schlacht auf dem mühsamen Weg durch die Landschaft (Schumacher).
Militärische Sujets erfreuten sich im 17. Jahrhundert und darüber hinaus bei den Sammlern großer Beliebtheit. Das ganze Jahrhundert war von kriegerischen Auseinandersetzungen gezeichnet, und man kann davon ausgehen, dass militärische Bewegungen und Operationen für die damaligen Menschen zum Alltag gehörten. In den Niederlanden mussten die Menschen nicht nur die zweite Hälfte des 80jährigen Krieges zwischen den Nördlichen Niederlanden und Spanien (1568-1648) sowie die Auswirkungen des 30jährigen Krieges (1618-1648) mit marodierenden Söldnern, verstümmelten und bettelnden Soldaten sowie Hungerflüchtlingen aus den Nachbarländern erdulden, sondern führten im Verlauf der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auch einige gravierende kriegerische Auseinandersetzungen zu Lande und zur See mit ihren europäischen Gegnern. Obwohl Philips Wouwerman auf manchen seiner Gemälde mit militärischen Sujets Fahnen und Schärpen in den Farben der damaligen Kriegsparteien malte, sind seine Kompositionen im allgemeinen doch ohne direkten Bezug zum aktuellen Kampfgeschehen seiner Zeit. So weist Schumacher darauf hin, dass es auch in vorliegendem Bild keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass hier eine historische Truppenbewegung gemeint sei – zumal Wouwerman auch die landschaftliche Szenerie nicht in den Niederlanden, sondern in einem Gebirgsvorland verorte. Dem Künstler scheint es vielmehr um die atmosphärisch dichte, farbenfrohe Wiedergabe eines langen, aus Pferden und Menschen bestehenden Trosses gegangen zu sein, dessen dichten Rhythmus er durch die Schilderung erzählerischer Details, wie beispielsweise des seinen Schuh bindenden Fußsoldaten auf der Kuppe vorn links, anreichert.

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