
Bildnis Dr. Alfred Spitzer
Details
Verso auf dem Keilrahmen mit verschiedenen Etiketten, auf dem Rahmen mit japanischem Speditionsetikett.
Puttkamer 35.
Literatur:
Sammlungen des Obermedizinalrates Dr. Heinrich Rieger und Dr. Alfred Spitzer. Aus der Ausstellung im Künstlerhaus Wien, o. Verf., in: Österreichische Kunst, Wien 1935, Jg. 6, Heft 12, S. 11f.
Ausstellung:
Sammlungen des Obermedizinalrates Dr. Heinrich Rieger und Dr. Alfred Spitzer, Künstlerhaus, Wien 1935, o. Kat., verso auf dem Keilrahmen wohl mit dem Etikett „1935 / 3371“,
Egon Schiele und Wien zur Jahrhundertwende, Isetan Museum of Art, Shinjuku/Tokio u.a. 1986, Kat.-Nr. 111, farb. Abb. S. 167;
Egon Schiele 1890-1918. A Centennial Retrospective, Nassau County Museum of Art, Roslyn/New York 1990, außer Kat., verso auf dem Rahmen mit dem Etikett;
Viennese Graphic Design from Secession to Expressionism; Galerie St. Etienne, New York 1991/92;
MOPP. Max Oppenheimer 1885-1954, Jüdisches Museum, Wien 1994, S. 76, farb. Abb. S. 77;
Neue Galerie, Museum for German and Austrian Art, New York, Dauerausstellung 2009-2011 und 2014-2016.
Provenienz:
Sammlung Dr. Alfred und Hermine Spitzer, Wien, bis 1930;
Sammlung Dr. Edith Neumann, geb. Spitzer, Wien/New York, durch Erbfolge von Vorgenannter;
Sammlung/Nachlass Serge Sabarsky, New York, 1985 bei Vorgenanntem erworben;
Sammlung/Stiftung Vally Sabarsky, New York.
Beschreibung
• Porträt des bekannten Rechtsanwalts und Mäzens Dr. Alfred Spitzer
• Entstanden in den frühen 1910er Jahren, in denen Oppenheimer als Porträtist der Wiener Kulturszene zu großem Erfolg gelangt
• Lückenlose Provenienz: Mit Alfred Spitzers Tochter Edith gelangt das Gemälde nach New York und schließlich in die bedeutende Sammlung Serge Sabarsky
Max Oppenheimer zählt zu den bedeutendsten Künstlern der österreichischen Avantgarde im 20. Jahrhundert. Er ist wichtiger Mitgestalter der verschiedensten Kunstbewegungen, vom Expressionismus und Kubismus über Futurismus und Dadaismus bis hin zur Neuen Sachlichkeit. Vor dem Zweiten Weltkrieg ist er in ganz Europa berühmt und erfolgreich, lebt in Wien, Berlin, Zürich und Genf ein dandyhaftes Leben. MOPP, wie er sich selbst nennt, ist mit Egon Schiele befreundet und teilt mit ihm zwischenzeitlich das Atelier. Mit dem etwa gleichaltrigen Oskar Kokoschka hingegen ist er nach anfänglicher Freundschaft bald zutiefst zerstritten. Nach seiner erzwungenen Emigration 1938/39 über die Schweiz nach Amerika, wird er nahezu vergessen. Erst spät erfolgt seine Wiederentdeckung Dank einzelner umfassender Ausstellungen in Wien, beispielsweise 1994 im Jüdischen Museum und 2023 im Leopold Museum.
Nachdem impressionistische, farbig leuchtende Landschaftsdarstellungen sein Frühwerk dominieren, wendet sich Oppenheimer um 1909/10 der Porträtkunst zu. Mit den nunmehr expressionistischen „Seelendarstellungen“ beginnt sein künstlerischer Erfolg. Die Liste der von Oppenheimer Porträtierten, liest sich wie das „Who’s who“ der modernen Kulturwelt zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Darunter sind beispielsweise Stefan Zweig, Adolf Loos, Anton von Webern, Arnold Schönberg, Egon Schiele, Heinrich Mann, Richard Strauss, Tilla Durieux und Ferruccio Busoni.
Charakteristisch für all diese Porträts ist die deutlich reduzierte Farbpalette mit monochromen Braun- und Grünwerten, nur ausgewählte Partien, wie Gesicht oder Hände, werden farblich bunt gestaltet. Für Oppenheimer steht nicht die Wiedergabe der reinen Äußerlichkeiten des Porträtierten im Vordergrund, sondern die Erfassung der Persönlichkeit. Der Bildhintergrund bleibt meist diffus und erlaubt keine räumliche Einordnung, nur ein auratischer Lichtschein hebt die Figuren vom farblich meist wenig unterschiedenen Hintergrund ab. Die Gesichter werden hingegen „überzogen von einem unruhigen Gewirr weißer, gelber und rosafarbener, pastos aufgetragener Farbflecken, deren bewegtes Zusammenspiel etwas über die geistige Ausstrahlung der Porträtierten aussagen soll. Barthaare (…) (sind) teilweise mit dem Streichholz in die Farbmasse geritzt.“ (WVZ Marie-Agnes von Puttkamer, S. 42). Oppenheimer sieht Rembrandt als sein großes Vorbild an, insbesondere in den Hell-Dunkel-Kontrasten, der Lichtführung und der Lichtreflexe sowie der Ausleuchtung der Gesichter. Die einheitliche Behandlung der Oberfläche durch einen recht plakativen Auftrag der Farbe und die fehlende perspektivische Gestaltung zeigen noch Einflüsse von Gustav Klimt.
Der Wiener Rechtsanwalt Dr. Alfred Spitzer (1861-1923) ist einer der ersten Förderer und Sammler Max Oppenheimers und ebenso des jungen Egon Schiele während ihrer Akademiezeit. Gelegentlich verteidigt er verschiedene Künstler vor Gericht, vor allem Egon Schiele, dessen Nachlass er 1918 ebenfalls betreut. Spitzer gilt als feinsinniger Kunstkenner, seine Sammlung soll etwa 800 Werke umfasst haben. Nach seinem Tod 1923 geht die Sammlung zunächst an seine Frau Hermine, 1930 dann an seine beiden Töchter Hanna und Edith über. 1935 wird sie zum Teil in der Herbstausstellung des Wiener Künstlerhauses präsentiert, darunter wohl auch dieses Porträt Alfred Spitzers. Im März 1938 können die beiden Schwestern einen Großteil der Sammlung ins Ausland bringen. Tochter Edith nimmt das Oppenheimer-Porträt ihres Vaters mit nach New York, wo es später an die bedeutende Sammlung von Serge Sabarsky verkauft wird.
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