Details

Verso Bleistiftskizze.

Pfäffle A 1925/2

Literatur:
Ketterer, R.N., Lagerkatalog Moderne Kunst VIII, Campione/Lugano 1973, Nr. 18, S. 35, farb. Abb. S. 34;
Barton, Brigid S., Otto Dix and Die neue Sachlichkeit 1918-1925, Michigan 1981, S. 144;
Baum, Peter, Toulouse Lautrec „Un artista moderna“, Florenz 1995, S. 250, farb. Abb. S. 251.

Ausstellung (Auswahl):
Otto Dix, Galerie Thannhauser, München 1926, Kat.-Nr. 26;
Sonderausstellung Otto Dix, Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Graphik, Kunstsalon Wolfsberg, Zürich 1929, Kat.-Nr. 56;
Otto Dix, Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Druckgraphik, Kunstmuseum Düsseldorf, 1960, Kat.-Nr. 138;
Otto Dix, Aquarelles, Dessins, Goethe Institut, Paris 1970, Kat.-Nr. 18;
Otto Dix, Aquarelle, Zeichnungen,  Radierungen 1920-1970, Galerie Klihm, München 1970, Kat.-Nr. 10;
Otto Dix – Aquarelle Zeichnungen Radierfolge „Der Krieg“, Museum Folkwang, Essen u.a. 1971/72, Kat.-Nr. 84;
An Exhibition of Works by Otto Dix, Serge Sabarsky Gallery, New York 1983/84, Kat.-Nr. 4;
Otto Dix, Villa Croce, Genua u.a. 1986/87, Kat.-Nr. 112;
Otto Dix, Kunsthalle, Berlin u.a. 1987, Kat.-Nr. 117;
Otto Dix. Die frühen Jahre, Erholungshaus der Bayer A.G., Leverkusen u.a. 1989-1999; Kat.-Nr. 49 und 59;
Zeichnungen und Aquarelle des deutschen Expressionismus, Städtische Galerie, Bietigheim-Bissingen u.a. 1990/91;
Otto Dix, Neue Galerie Museum, New York 2010;
Galerie St. Etienne, New York 2024.

Provenienz:
Martha Dix, Hemmenhofen;
Roman Norbert Ketterer, Campione/Lugano;
Serge Sabarsky Gallery, New York, 1978 bei Vorgenanntem erworben;
Marlborough Fine Art, London, 1978 bei Vorgenannter erworben;
Saul Steinberg;
Galerie Serge Sabarsky, New York, 1981 bei Vorgenanntem erworben;
Sammlung/Nachlass Serge Sabarsky, New York;
Sammlung/Stiftung Vally Sabarsky, New York.

Beschreibung

• Charakterporträt aus der Berliner Phase von Otto Dix
• Farbstarke Darstellung einer kaum bekleideten Frau
• Es könnte sich um Anita Berber (1899-1928) handeln, die berühmte Tänzerin

Zu Beginn der 1920er Jahre war Otto Dix aus Dresden ins Rheinland gezogen. Dort nutzt er die pulsierende Kunstszene, um seine Bekanntheit und sein Netzwerk zu vergrößern und auch finanziell erfolgreich als Künstler zu arbeiten. Nun, 1925, zieht es Dix und seine Frau nach Berlin. Die Stadt erlebt ihre sprichwörtlich gewordenen goldenen Zwanziger, und auch der Künstler wird von diesem Mahlstrom mitgesogen. Der Erste Weltkrieg ist vorbei, die Wirtschaft blüht, die Gewitterwolken des Zweiten Weltkriegs sind höchstens am entfernten Horizont zu erspähen. Zeit, diesen Horizont zu betrachten, hat Dix ohnehin erstmal keine. Noch im selben Jahr nimmt er an der Wanderausstellung „Neue Sachlichkeit“ teil. Er arbeitet unablässig. Zu einem seiner wohl berühmtesten Gemälde des Jahres 1925 wird das Porträt der berühmten Tänzerin Anita Berber. Sie steht ihm nackt Modell, das daraus entstandene Ölgemälde zeigt sie in einem hautengen roten Kleid. Sie, gerade 26 Jahre alt, wird von ihm als von der Zeit gezeichnete Lebedame dargestellt. Die roten Haare, ihr Erkennungszeichen, schillern mit den Lippen, dem Kleid und dem Hintergrund um die Wette. Das Werk tropft geradezu vor arteriellem Blut, ist voller Lust, Verführung – und weist doch auf die Vergänglichkeit irdischer Schönheit und Erotik hin. In Dix und Berber dürften sich dabei zwei Zeugen des Verfalls getroffen haben: Er, der nach den Schrecken der Schützengräben des Großen Krieges nie wieder derselbe sein wird, und sie, die ihre zerstörerische Erotik immer stärker nicht nur gegen die sie begehrenden Männer, sondern auch gegen sich selbst wendet. Im Ölgemälde zeigt Dix sie als Femme Fatale, als Todesgöttin der zukunftslosen Wolllust.

In der hier angebotenen Zeichnung nun begegnet uns ein „rothaariges Mädchen“. Namenlos und zugleich augenscheinlich keine Heranwachsende mehr, könnte es sich womöglich ebenfalls um das Idol Berber handeln. Hier zeigt Otto Dix die Realität hinter der Show: Wo Anita Berber auf der Bühne und in den Separees perfekt zurechtgemacht – die Zuschauer in den Wahnsinn führt, da ist hier ein ruhiger, stiller und dabei so realer Moment eingefangen. Die Figur sitzt, nur mit Seidenstrümpfen und Perlenohrring bekleidet, da, eine Zigarette zeigt die vergehende Zeit an. In sich zusammengesunken ist sie keine Schönheit, kein Tauentzien-Girl (siehe Los 654), keine Kirchner’sche Kokotte, keine Anita Berber, keine fesche Lola. Sie ist eine Rinnsteinprinzessin. Müde. Echt.

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