
Mädchen mit Katze
Details
Tschudi 572.
Literatur:
Hugo von Tschudi (Hrsg.), Adolph von Menzel. Abbildungen seiner Gemälde und Studien auf Grund der von der Kgl. Nationalgalerie im Frühjahr 1905 veranstalteten Ausstellung unter Mitwirkung von Dr. F. Schwedeler-Meyer und Dr. J. Kern, München 1905, S. 376, Kat.-Nr. 572, mit Abb. S. 377;
Heidi Ebertshäuser, Adolph von Menzel. Das graphische Werk, München 1976, Bd. 2, S. 1108, mit Abb.
Ausstellung:
Menzel. 95 Zeichnungen, Galerie J. Casper, Berlin 1928, Nr. 50
Menzel. Der Beobachter, Hamburger Kunsthalle, 1982, S. 167, Kat.-Nr. 97, mit Abb.
Provenienz:
Cornelie Richter (1842-1922), Berlin;
Galerie Gerda Bassenge, Berlin, Auktion, 5.11.1968, Los 890;
Privatsammlung, Süddeutschland.
Beschreibung
Ein junges Mädchen mit Strohhut und weißem Kleid, eine Katze auf dem Arm tragend, läuft nach rechts davon. Es ist eine Szene, wie man sie meint zu kennen – und doch hat sie Menzel so allgegenwärtig, so lebensnah erfasst. Auf das kleine Format konzentriert – mehr im Format einer Visitenkarte als vollwertiges Zeichenblatt -, zeigt es alltäglich Beobachtetes, ganz offensichtlich spontan hingeworfen.
Das Mädchen trägt schwarze Schnürstiefel und ein weißes, fast bodenlanges Kleid mit blauer Schürze. Die wohl eigentlich schwarze Katze, die das Mädchen wegträgt, hat dieselbe Farbigkeit angenommen. Um ihre Taille ist ein rotes Band gelegt, das auf ihrem Rücken zur Schleife gebunden ist und in langen, bewegten Schleppen herabfällt. Und auf dem Kopf trägt sie einen Strohhut mit schwarzem Band, an dem Sommerblumen befestigt sind. Insgesamt ist es eine festliche Tracht, die auf ein geselliges Beieinander deutet.
Man hat für das kleine Aquarell auf den Zusammenhang mit einer Bleistiftzeichnung in einem von Menzels Skizzenbüchern (Berlin, Kupferstichkabinett, SB 28) hingewiesen, die allgemein als Entwurf für Menzels 1867 entstandenes Gemälde „Nachmittag im Tuileriengarten“ (ehem. Dresden, Neue Meister, heute London, National Gallery) angesehen wird. Dort erscheint im Gewühl der sich in den Tuilerien erholenden Leute in ähnlicher Haltung und Kleidung das rennende Mädchen. Auch wenn Menzel für sein ausgeführtes Gemälde die Zeichnung aus dem Skizzenbuch nicht verwendete, hat er das Mädchen noch einmal herausgegriffen und auf dem kleinen Blatt fixiert.
Menzels Gemälde ist ohne Eduard Manets „Musik im Tuileriengarten“ von 1862 (London, National Gallery) nicht denkbar – möglicherweise hat Menzel es 1867, als er sich im Frühling mehrere Wochen in Paris aufhielt, in dessen Atelier gesehen. Die Bedeutung der französischen Moderne um Manet und Ernest Meissonier ist für Menzels Werk evident und auch für unser kleines Aquarell möchte man einen solchen Einfluss annehmen – allerdings wohl weniger durch Manet. Vielmehr ist es, als würde Menzel etwas von Auguste Renoirs lebensfrohen und bunten Mädchendarstellungen vorwegnehmen.
Es ist gut vorstellbar, dass Menzel hier eine Szene aus dem festlichen Beisammensein am Sonntag im Tuileriengarten gleichsam noch einmal aus dem eigentlichen Bildzusammenhang „herauskondensiert“ hat – die Wiese mit dem Weg und den beiden Bäumen, die im Hintergrund den Blick in die Ferne rahmen, deuten auf einen solchen Kontext. Sicherlich handelt es sich bei unserem kleinen Aquarell um eine der vielen Gelegenheitsarbeiten, die Menzel für Freunde und nahe Bekannte häufig spontan anfertigte. Es ist ein wunderbares Beispiel für seine Aquarellkunst, der er sich zwar nicht regelmäßig widmete, denen aber eine Spontanität im Erfassen des Augenblicks und eine Sicherheit in der Verwendung der Aquarellfarbe eigen ist, wie sie nur Menzel möglich war.
Dr. Peter Prange
Verso infolge früherer Montage etwas berieben. Farbfrisch und in sehr guter Erhaltung.
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