Brustbild der Anna Christiane von Heynitz, geb. Dinglinger (1739-1822)
Details
Berckenhagen 703.
Literatur:
Zeitschrift für bildende Kunst, NF 20, 1909, S. 15;
Der Kunstwanderer, 11., 1929-30, Abb. S. 266;
Pantheon, 5., 1930, Abb. S. 197;
Pantheon, 9., 1936, Abb. S. 377 (dort irrtümlich als Auguste Graff angesehen);
Ekhart Berckenhagen, Anton Graff. Leben und Werk, Berlin 1967, S. 205, Kat.-Nr. 703, mit Abb.
Provenienz:
Paul von Heynitz, Weicha bei Weißenberg, verso auf dem Keilrahmen auf fragmentiertem Etikett beschriftet;
Galerie van Diemen und Dr. Benedict, Berlin, 1929/30;
1936 in Privatbesitz, (laut Berckenhagen);
danach in Privatbesitz, Süddeutschland.
Beschreibung
Anton Graff, dieser große Porträtist des 18. Jahrhunderts, der seit 1766 Hofmaler am sächsischen Hof in Dresden war, wurde von seinen Zeitgenossen gerühmt, weil sie in seinen Bildnissen den ganzen Menschen dargestellt sahen – nicht nur in seiner körperlichen Erscheinung, sondern weil Graffs Blick auf den Dargestellten „bis in das Innere der Seele“ vordrang, wie der Kunsttheoretiker und Freund Graffs Johann Georg Sulzer treffend formulierte. Es ist die feine Psychologisierung, jene Unmittelbarkeit der Begegnung mit dem Betrachter, die auch unser Bildnis einer jungen Dame auszeichnet. Ein aufgeklebter Zettel auf der Rückseite des Rahmens gibt noch heute Auskunft über die Identität der Dargestellten. Bei ihr handelt es sich um Anna Christiane von Heynitz (1739-1822), die Tochter des sächsischen Hofjuwelier Johann Friedrich Dinglinger (1702-1767) und Enkelin des berühmten Goldschmieds Johann Melchior Dinglinger (1664-1731), die in erster Ehe mit dem Bürgerlichen Franz Poppe verheiratet war. Miniaturbildnisse von Franz Poppe und Anna Christiane Poppe befinden sich in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, gemalt von Sophie Christine Dinglinger (ca. 1741-1791), der Schwester Anna Christianes. Als Poppe 1771 starb, heiratete Anna Christiane wenige Jahre später am 22. Mai 1775 gegen den Widerstand des Hofes Carl Wilhelm Benno von Heynitz (1738-1801) – wohl weil es sich um keine standesgemäße Verbindung handelte. Heynitz, dessen Bildnis Graff 1793 gemalt hatte (Berckenhagen 706), war aus braunschweigischen Diensten 1766 nach Sachsen gekommen und als Leiter der kursächsischen Landesbergbehörde in Freiberg für den Aufschwung des Montanwesens in Sachsen am Übergang zum industriellen Zeitalter prägend.
Das Bildnis der Anna Christiane von Heinitz ist nicht datiert, doch könnte eine Nachricht des Berliner Kupferstechers Nikolaus Daniel Chodowiecki einen Hinweis auf seine Entstehungszeit geben: Er war Anfang November 1780 in Dresden bei den Schwestern Dinglinger eingeladen, wo er Graffs Bildnis der Anna Christiane sah. Es ist nicht klar, ob es sich dabei um unser Bildnis handelt, doch möchte man eine Entstehung um 1780 nicht ausschließen. Zurückhaltend geschminkt, doch mit wachen Augen und nicht ohne Selbstbewusstsein präsentiert sich Anna Christiane der Nachwelt – es ist ein für Graff charakteristisches Bildnis, in dem ihm die Balance zwischen Anspruch und Ähnlichkeit der Dargestellten vortrefflich gelingt. Vor dunklem Hintergrund stehend, trägt sie eine rote Jacke und einen durchsichtigen Spitzenschleier, der ihr Mieder lose fallend umspielt. Ähnlich bewegt und plastisch hervortretend, so dass es zusammen mit dem Schleier die Aufmerksamkeit des Betrachters gewinnt, ist die Schnürung ihres Kleides in goldgelb. Es ist ein zurückhaltender Farbklang aus Rot, Goldgelb und Weiß ihrer Kleidung sowie ihres Inkarnats, das eine Wärme und Vornehmheit ausstrahlt, die sich über das ganze Bild legt.
Dr. Peter Prange
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