Details

Literatur:
Verzeichniss der von dem verstorbenen Director der grossh. Bad. Kunstschule in Carlsruhe Professor J. W. Schirmer hinterlassenen Kunstwerke, Carlsruhe 1863, S. 3, Nr. I 26;
Kurt Zimmermann: Johann Wilhelm Schirmer, Saalfeld a. Saale 1920, S. 60, Nr. 552;
Natur im Blick. Die Landschaften des Johann Wilhelm Schirmer (Jülich 1807-Karlsruhe 1863). Bestandskatalog Jülich. Führer des Stadtgeschichtlichen Museums Jülich Nr. 16, hrsg. von Marcel Perse, Jülich 2001, S. 387-393, Abb. 289;
Siegmar Holsten und Rudolf Theilmann (Hrsg.), Johann Wilhelm Schirmer in seiner Zeit. Landschaft im 19. Jahrhundert zwischen Wirklichkeit und Ideal, Heidelberg 2002, S. 250f., Kat.-Nr. 229, mit farb. Abb. S. 249;
Johann Wilhelm Schirmer. Vom Rheinland in die Welt, Bd. 1., hrsg. von Marcell Perse, Bettina Baumgärtel, Irene Haberland, Uta Husmeier-Schirlitz, Elmar Scheuren und Wolfgang Vomm, Petersberg 2010, Bd. 1, S. 298-301, Kat. Nr. 29, Farbabb.

Ausstellung:
Exhibition of Paintings, Engravings, Drawings, Aquarelles and Works of Household Art in the Cincinatti Industrial Exposition 1873, Cincinatti 1873, S. 20, Kat. Nr. 170 (?); Johann Wilhelm Schirmer in seiner Zeit. Landschaft im 19. Jahrhundert zwischen Wirklichkeit und Ideal, Ausst.-Kat. Staatliche Kunsthalle Karlsruhe/Suermondt-Ludwig-Museum Aachen, Heidelberg 2002, S. 250-251, Kat. Nr. 229, Farbabb.

Provenienz:
Dr. William Karrmann (1822-1902), Cincinnati;
durch Erbgang an dessen Tochter Hattie Karmann, Cincinatti;
F. Dörling GmbH, Hamburg, Auktion 141, 4.12.1991, Los 2914 (mit Farbabb.);
Sotheby’s, München, Auktion, 6.12.1994, Los 75 ) mit Farbabb.);
Wiegand Freiherr von Salmuth (1931–2006), Heidelberg (2002);
Privatbesitz, Baden-Württemberg.

Beschreibung

Johann Wilhelm Schirmer, als Mitbegründer der Düsseldorfer Malerschule ein bedeutender deutscher Vertreter der naturalistischen Landschaftsmalerei, schreibt wenige Tage vor seinem Tod am 11. September 1863 an seinen amerikanischen Sammler William Karmann in Cincinatti: „Wenn ich Ihnen schrieb daß ich den für Sie bestimmten Sturm mehrfach wiederholte, so bezieht sich dieses doch nur auf das äußerlichste Motiv, jede Darstellung desselben ist immer wieder als Original erfaßt, und sieht wie ein ganz anderes Bild aus, als das ursprüngliche Motiv war. Ihr Bild hat z. B. eine alte verfallene Holzbrücke erhalten, und die Bäume gruppiren sich auch abweichend von der Radirung, und der gebrochene Baum, eine Buche, ist ähnlich angebracht; das Ganze ist frisch und naß und die Bäume werden als Erlen und Weiden vom Winde zerzaust nur die Eiche steht starr und fest dem Sturm Trotz biethend aufrecht da, indem der Wind nur die leichten Aeste mit den Blättern schütteln kann.“
Im gleichen Brief erläutert Schirmer, dass das Motiv auf die Ausläufer des Habichtswaldes bei Kassel zurückgeht, den Schirmer in der zweiten Hälfte der 1840er Jahre wiederholt besucht hatte. In dieser Zeit begann sich Schirmer zunächst in einer Radierung, dann in zahlreichen Gemälden und Zeichnungen mit dem Sturmthema und dem geborstenen Baum zu beschäftigen, das er immer wieder neu variierte. Unser Gemälde erhält seinen besonderen Akzent durch den in die Tiefe führenden Holzsteg, der den Blick direkt auf den zersplitterten, in hellem Licht stehenden Baum lenkt. Beide – Baum und Steg – haben eine tiefere Bedeutung in dem Sinne, als sie Vergänglichkeit, Werden und Vergehen in der Natur symbolisieren. Der aufgebrochene Baum steht für Anfang und Ende, für Wachsen und Vergehen, der Steg für den Lebensweg des Menschen mit seinen Unwägbarkeiten und Gefahren. Diese Lesart bekommt nicht nur angesichts des nur wenig später erfolgten Todes des Malers Gewissheit, sondern auch weil sich Schirmer damit in eine Tradition stellt, die bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht. Neben dem Süden, den Schirmer mehrfach bereist hat, zählte die nordische Malerei vor allem in der Person Jacob van Ruisdaels zu seinen großen Inspirationen. Dieser gruppierte ebenfalls häufig eine alte Eiche mit abgestorbenen oder entwurzelten Bäumen.
William Kamann, der unser Gemälde offensichtlich aus Schirmers Nachlass erwarb, war bereits im Besitz eines „Sturm[s] mit Feuersbrunst in der Ferne“ (Boetticher II, 2, S. 559, Nr. 115), das zu den letzten Werken des Malers gehört. Aus dieser spätestens Phase stammt auch unser Gemälde, das trotz der Wiederholung des Motivs und des fortgeschrittenen Alters des Malers keinerlei Anzeichen erlahmender Kräfte zeigt – höchst lebhaft in der Auffassung, ist es voll Temperament, fast von „vorimpressionistischer“ Wirkung im Duktus, von delikater Farbigkeit und ausgefallener Lichtregie, in der sich dramatisches Helldunkel und helle Lichter miteinander verbinden.
Dr. Peter Prange

Mit einem schriftlichen Gutachten von Professor Helmut Börsch-Supan, Berlin, vom 3.9.1999.

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