Meister des Verlorenen Sohnes

Maria und das Jesuskind mit Fruchtschale und einem Apfel

Details

Provenienz:
Aus badischem Adelsbesitz;
danach durch Erbfolge in Privatbesitz, Bayern.

Beschreibung

Es war die großartige Kunsthistorikerin Grete Ring (1887-1952), deren umfassendes Wirken als Assistentin von Paul Cassirer und Mitinhaberin der Galerie gerade letztes Jahr in der Liebermann-Villa in Berlin gewürdigt wurde, die sich vor hundert Jahren erstmals ausführlich mit dem „Meister des Verlorenen Sohnes“ beschäftigt hat. Ausgehend von einer damals Hendrik van Cleve zugeschriebenen Darstellung des „Verlorenen Sohnes“ im Kunsthistorischen Museum in Wien hat sie eine kleine Werkgruppe des Meisters zusammengestellt und versucht, den Maler als den nach 1500 in Antwerpen tätigen Lenaert Kroes zu identifizieren, der als Lehrer von Gillis van Coninxloo bekannt ist. Ring hat die charakteristischen Merkmale dieses Meisters herausgearbeitet, doch ist es trotz hundertjähriger Forschung – Georges Marlier hat im letzten Jahrhundert das Werk noch entscheidend erweitert – bis heute nicht gelungen, den Maler sicher zu identifizieren, weshalb wir uns nach wie vor mit dem Notnamen „Meister des Verlorenen Sohnes“ behelfen müssen.
Diesem Meister überzeugend zugeschrieben ist unser neu aufgetauchtes qualitätsvolles Gemälde mit Maria und dem Jesuskind, das die beiden vor dem Hintergrund einer reich gestalteten Landschaft zeigt. Maria und das Kind sitzen wie in einem „Fenster“ auf einer Bank vor dieser Landschaft – ein Eindruck, der durch die die ganze Breite des Bildes einnehmende Ablage verstärkt wird, auf der der Maler eine Fruchtschale und einzelne Birnen und Kirschen präsentiert. Maria und der kleine Jesus befinden sich in lebhafter Aktion – er ist aufgestanden, ist von Maria kaum zu bändigen, weil er nach dem Apfel greift. Dieses Motiv des Christusknaben hat der Meister wiederholt in seinen Andachtsbildern verwendet (Freiburg, Augustinermuseum). Wie sich in ihnen stilllebenhafte und genrehafte Züge mit einander verbinden, ist kennzeichnend für das Werk des „Meisters des Verlorenen Sohnes“, der diese Tradition in der Nachfolge Pieter van Aertsens in Antwerpen weitergeführt hat.
Jesus‘ Griff nach dem Apfel leitet über in die hinter ihm liegende Landschaft, in der Adam (?) nach der Frucht der Erkenntnis greift – der Anfang der Menschheitsgeschichte, die mit der Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies begann. Diese Landschaft ist aber nicht das Paradies, sie ist nicht ideal, ihr fehlt auch die fantastische Überhöhung, mit der noch Herri met de Bles oder Joachim Patinir ihre Landschaften schmackhaft machten; vielmehr ist das Bemühen spürbar, eine heimische, aus der täglichen Beobachtung der Wirklichkeit entwickelte Landschaft zu schildern. Eine Fülle von Einzelheiten ist dort ausgebreitet – ein Dorf mit Häusern, ausgeziert mit Details, und Kirche liegt hinter Maria in einer sanft ansteigenden Hügellandschaft, dann ein Fluss, dessen Lauf sich nach hinten verliert, und alles belebt von kleinen menschlichen Figuren. Sie sind lang, schlank und kleinköpfig und zeigen in Bewegung und Proportionierung starke Verwandtschaft mit Figuren van Aertsens.
Die Farbigkeit ist zurückhaltend, fast sanft; in der Landschaft findet sich eine Fülle von Grün- und Blautönen, im Gewand Marias ein dunkles Rot und Olivgrün – an die Stelle der Buntheit der altniederländischen Lokalfarben und der schillernden Farbigkeit des Frühmanierismus tritt eine milde Tonigkeit und ein pastoser Farbauftrag.
Dr. Peter Prange

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