Der Triumph der Liebe
Details
Literatur:
Francine-Claire Legrand, Les peintres flamands de genre au XVIIe siècle, Bruxelles 1963, S. 33;
Ursula Härting, Frans Francken der Jüngere (1581-1642): die Gemälde mit kritischem Œuvrekatalog, Freren 1989, S. 351, Kat.-Nr. 378, mit Abb. S. 352.
Edith Wyss, „A Triumph of Love“ by Frans Francken the Younger; from Allegory to Narrative, in: Artibus et Historiae, hrsg. vom Istituto Internationale per le Ricerche di Storia dell’Arte, Vol. 19, Nr. 38 (1998), Wien und Krakau, S. 43–60.
Provenienz:
Sammlung Baron Coppée, Brüssel;
Phillips, London, Auktion 8.12.1992, Los 60;
Frye & Sohn, Münster (gezeigt auf der 38. Kunst- u. Antiquitätenmesse, München, 1993);
danach Privatsammlung, Norddeutschland.
Beschreibung
Bekannt ist Frans Francken, Spross einer Antwerpener Künstlerfamilie, vor allem für seine minutiös ausgeführten Gemälde mit Darstellungen von höfischen Kunstkammern, den Vorläufern der heutigen Museen, doch hat er sich auch häufig allegorischen Sujets gewidmet. Auf unserem Gemälde haben sich verschiedene Liebespaare aus der griechischen Mythologie versammelt, deren Liebschaften nicht immer glücklich endeten, weshalb das Gemälde auch den Titel „Opfer der Liebe“ trug. In der vorderen Ebene befindet sich links Herakles, der die lydische Königin Omphale heiratete und in blinder Liebe zu ihr „Frauenarbeiten“ verrichtete, während sie sein Löwenfell angezogen und seine Keule geschultert hat – er machte sich damit zum Gespött des Hofes und im 17. Jahrhundert galt die Demütigung durch den frivolen Vamp als Symbol für die Dummheit des mythischen Helden. Rechts daneben, leicht zurückgesetzt, Jason und Medea, die sterbende Frau ist Apolls treulose Geliebte Coronis, während darüber Thisbe den toten Pyramus betrauert, der sich in sein Schwert stürzte, weil er glaubte, seine Geliebte sei von Löwen zerrissen worden. Darüber rast Amor, ausgerüstet mit Pfeil und Bogen, in seinem Wagen, durch die Menge, hinter ihm weitere unglücklich Liebende. Über ihm auf dem Felsen spielt Polyphem die Syrinx, um Galathea zu beindrucken, die sich jedoch mit Acis in einer Grotte zurückgezogen hat. Der liebestolle Apoll jagt Daphne hinterher und weitere kleine Szenen von Verfolgung, Entführung und abgewiesenem Werben füllen den Hintergrund.
Es ist eine Herausforderung für den Betrachter, sich im Gedränge des Bildes zurechtzufinden und sich an die Geschichten der unglücklichen Liebespaare zu erinnern, die Ovid in seinen Metamorphosen schildert. Zahlreiche Paare gehen auf Illustrationen zu dessen Metamorphosen zurück, besonders auf Antonio Tempestas 1606 in Amsterdam veröffentlichter Ausgabe. Franken kompiliert aus seinen verschiedenen Darstellungen, überträgt einzelne Paare direkt in sein Gemälde – ein Verfahren, das in Renaissance und Barock üblich und verbreitet war, als man noch nichts von Urheberschutz wusste. Es muss für den damaligen Betrachter ein intellektuelles Vergnügen gewesen sein, die Vorlagen für einzelnen Paare zu identifizieren und sich deren Liebesgeschichten in Erinnerung zu rufen. Edith Wyss hat zudem darauf hingewiesen, dass Francken über Ovid hinaus Francesco Petrarcas „Triumph der Liebe“, ein allegorisches Gedicht über die Folgen der Liebe und seit der Renaissance häufig illustriert, zitiert, ohne dessen Kenntnis die zentrale Rolle Amors auf seinem Wagen nicht erklärbar sei. Er übersetzte Petrarcas allegorischen Festzug in eine Vielzahl von Paaren, die die von Petrarca heraufbeschworenen Widrigkeiten der Liebe schildern, und verschmolz sie zu einem Bildganzen, in dem zwar keine einheitliche Handlung entsteht, doch die Paare nicht isoliert im Bildraum stehen sondern mit ihren Gesten und Bewegungen zueinander überleiten. Francken schafft so einen einheitlichen Erzählfluss, über den sich ein mildes Licht gelegt hat und den zarte Farbakzente aus Rot, Rosa, Gold, Olivgrün und leuchtemden Blau bestimmen.
Dr. Peter Prange
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