Grand Lesbos (Baigneuses)
Details
Verso auf dem Keilrahmen zwei Mal mit der handschriftlichen Nummer „149“ sowie altem Etikett, dort typografisch bezeichnet „Für Sammlung Erbslöh“ und handschriftlich von Alexander Kanoldt signiert (als Sekretär der Neuen Künstlervereinigung München).
Das Werk ist im Online-Werkverzeichnis des Künstlers aufgeführt (www.pierregirieud.fr).
Literatur (Auswahl):
Salmon, André, Salon d’Automne, in: Paris-Journal, 30.10.1910;
Bidou, Henri, Le Salon d’Automne, in: La Gazette des Beaux-Arts, Paris 5.11.1910, mit s/w Abb. S. 368 („Baigneuses“);
Fischer, Otto, Das neue Bild, Veröffentlichung der Neuen Künstlervereinigung München, München 1912, mit s/w Abb. Tafel XVIII;
Hausenstein, Wilhelm, Der nackte Mensch in der Kunst aller Zeiten und Völker, München 1913, S. 192 und 420, mit Abb. 145 auf S. 178;
Eröffnungskatalog der Galerie Flechtheim, Düsseldorf 1913, mit s/w Abb. im Anzeigenteil hinten (R. Piper-Verlag & Co., München, o. S.);
Burger, Fritz, Einführung in die moderne Kunst, Berlin 1917, s/w Abb. 36, S. 32;
Serrano, Véronique (Hrsg.), Pierre Girieud et l’expérience de la modernité 1900-1912, Ausst.-Kat. Musée Cantini, Marseille 1996, mit s/w Abb. S. 124.
Ausstellung:
Salon d’Automne, Grand Palais des Champs-Elysées, Paris 1910;
Franz Marc und Pierre Girieud, Moderne Galerie Thannhauser, München 1911;
Internationale Kunstausstellung des Sonderbundes westdeutscher Kunstfreunde und Künstler zu Cöln, Städtische Ausstellungshalle am Aachener Tor, Köln 1912, Kat.-Nr. 247, S. 43, o. Abb.;
Der Blaue Reiter und das neue Bild. Von der Neuen Künstlervereinigung München zum Blauen Reiter, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München 1999, Kat.-Nr. 226, mit farb. Abb. Tafel 152;
1912 – Mission Moderne. Die Jahrhundertschau des Sonderbundes, Wallraf-Richartz-Museum und Fondation Corboud, Köln 2012, Kat.-Nr. 39, mit farb. Abb. S. 381.
Provenienz:
Sammlung Adolf Erbslöh, Irschenhausen bei München;
Privatsammlung, Süddeutschland.
Beschreibung
• Großformatiges und farbstarkes Hauptwerk des südfranzösischen Künstlers
• Charakteristische eigenständige Bildsprache mit deutlichen Einflüssen Gauguins und der Fauves
• Aus der Sammlung des Künstlerkollegen Adolf Erbslöh, der Girieud zur Teilnahme an den Ausstellungen der Neuen Künstlervereinigung München bewegte
„Herr Pierre Girieud stellt Badende aus, die zu den bedeutendsten Werken dieses Salons gehören.“
Guillaume Apollinaire, 1910
„Auf der rechten Seite, am Ufer eines blauen Meeres, in das sich Grün eingeschlichen hat, und das wie Lapislazuli vibriert und glänzt, hat Herr Girieud ruhige Badende ausgebreitet. Sie wenden uns ihre kleinen Köpfe und ihre traumlosen Blicke zu. Sie haben lange weiße Körper und tragen Zöpfe. Einige Früchte liegen im Gras verstreut. Drei von ihnen sind bis zur Körpermitte ins Wasser hinabgestiegen und trüben es noch immer mit ihrem umgekehrten Bild. Ein zitronengrüner Himmel unterstützt das Blau der Fluten.“ So beschreibt der Journalist und Kunstkritiker Henry Bidou 1910 für die Novemberausgabe der Gazette des Beaux Arts dieses großformatige Bild, als er es in der Ausstellung Salon d’automn in Paris entdeckt.
„Grand Lesbos“ stellt eine Gruppe Frauen in einer idyllischen Landschaft dar. Die nackten Frauenkörper mit ihren langen Beinen und Fingern und kleinen Brüsten sind idealisiert und strahlen alle die gleiche, kühle Ästhetik aus. Die Gesichter hingegen wirken wie Porträts. So handelt es sich bei der Knienden wohl um eine Darstellung von Girieuds Frau Augusta. Girieud zitiert in diesem bedeutenden Gemälde verschiedene Epochen der Kunstgeschichte: Die Streublumen im Gras erinnern an die Millefleurs-Tapisserien der Spätgotik, während die kaum überlappenden Früchte im Vordergrund auf Cézannes Äpfel anspielen. Die flächenhafte Farbgebung hingegen belegt seinen engen Kontakt zu den Fauves und Henri Matisse. Gleichzeitig weist ihn die ausgeprägte Konturbildung als Nachfolger von Gauguin und den Nabis aus. Auch die Gesamtkomposition zitiert alte Kunstformen. So wirken die drei im Wasser stehenden Frauen wie die Grazien der römischen Mythologie.
Ein Jahr vor der Entstehung dieses Gemäldes tritt Girieud der Neuen Künstlervereinigung München bei. Sein Malerfreund Adolf Erbslöh ist Schriftführer der Vereinigung und erwirbt dieses Gemälde 1911 für 3.000 Mark. Nicht nur Erbslöh ist von dem Werk stark beeindruckt. Auch in den Rezessionen zum Salon d’automn 1910 wird es immer wieder beschrieben. André Salmon fasst die Bedeutung des Bilds im Paris Journal zusammen: Pierre Girieud „erreicht heute eine Art magische Schlichtheit. Er ist bereits groß, weil er frei ist und mit Liebe und Einfachheit wunderschön kreiert. Die Badenden von Girieud rechtfertigen unsere Aussage. Jede Geste der beiden liegenden Frauen im Vordergrund gleicht die Geste der anderen aus, die vier nackten Badenden im Hintergrund scheinen aus der Geste der ersten zu entstehen, und das ganze Gefühl dieses Gemäldes verschmilzt in der Haltung einer Frau, die ihre Arme über ihren Brüsten verschränkt. Die Gabe der Farbe ist bei Pierre Girieud offensichtlich. (…) Er ist ein Alchimist der Farbe.“
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