Details

Hergestellt von der Kunstgießerei Brotal, Mendrisio/Schweiz.

Von Maur P 14a.

Literatur:
Hildebrandt, Hans, Oskar Schlemmer, München 1952, Kat.-Nr. 11, mit Abb. S. 134 (Holzvariante);
Samuels, Spencer, Oskar Schlemmer, New York 1969, Kat.-Nr. 95, mit Abb. S. 161 (anderes Exemplar);
Von Maur, Karin, Oskar Schlemmer, Das plastische Werk, Stuttgart 1972, S. 30, 34, mit Abb. S. 35 (anderes Exemplar).

Ausstellung:
Modernism for All: The Bauhaus at 100, Bowdoin College Museum of Art, Brunswick/Maine 2019.

Provenienz:
Sammlung Siegfried Cremer, Stuttgart;
Sammlung Professor Gustav Stein, Köln 1979;
B. C. Holland Gallery, Chicago 1982;
Serge Sabarsky Gallery, New York 1982;
W. Cherry (wohl Merrin Gallery), ab Februar 1982;
Dr. Isidor Schenkein, Den Haag;
Sammlung Serge Sabarsky (1912-1996), New York, 1983 bei Vorgenanntem erworben;
Nachlass Serge Sabarsky, New York, seit 1996;
Sammlung Vally Sabarsky (1902-2002), New York;
Vally Sabarsky Stiftung, New York, seit 2002.

Beschreibung

• Eine von insgesamt nur zwei Rundplastiken in Schlemmers Gesamtœuvre
• Aus der künstlerisch besonders intensiven Zeit als Meister am Bauhaus Weimar
• Aus der selben Entstehungszeit wie die berühmten Figurinen des „Triadischen Balletts“

„Ein vogelartiges Geschöpf, das mit steifer Würde und hoheitsvollem Ernst aufzutreten scheint, doch den Schalk nicht ganz verbergen kann“ .
Karin von Maur, 1972

Oskar Schlemmer wird im Januar 1921 als einer der ersten Meister von Walter Gropius an das 1919 neu gegründete Staatliche Bauhaus in Weimar berufen. In den folgenden Jahren leitet er zunächst die Abteilung für Wandmalerei und gibt Unterricht im Aktzeichnen. 1922/23 ist er Formmeister der Stein- und Holzbildhauerei und leitet zudem interimsweise die Metallwerkstatt. Ab 1923 untersteht ihm die Bühnenwerkstatt, bis er 1929 das inzwischen nach Dessau übergesiedelte Bauhaus verlässt. Das avantgardistische Umfeld mit der visionären, gattungsübergreifenden Zusammenarbeit der verschiedenen Werkstatt-Meister und insbesondere der intellektuelle Austausch mit Wassily Kandinsky, Paul Klee und Johannes Itten bieten Schlemmer während seiner Bauhaus-Zeit intensive künstlerische Anregungen. „Ich sah eines; sah es in der Perspektive des Bauhauses besonders deutlich: vieles der heutigen, modernen Kunst strebt nach Anwendung, nach der Architektur.“ (Brief an seinen Studienfreund Otto Meyer-Amden, 14.6.1921, zit. nach: Ausst.-Kat. Oskar Schlemmer, Visionen einer neuen Welt, Stuttgart 2014/15, S. 58). Zunehmend verlagert Schlemmer seine künstlerischen Arbeiten in den Raum hinein – sowohl gestalterisch innerhalb von Zeichnungen und Gemälden als auch real in Form von Reliefs und den 1922 entstehenden Figurinen für sein berühmtes „Triadisches Ballett“. Durch die Reliefarbeiten entwickelt Schlemmer in den Jahren 1919 bis 1923 ein besonderes Interesse für räumliche künstlerische Gestaltung und findet zur dreidimensionalen Plastik. Als Meister der Metallwerkstatt sowie der Holz- und Steinbildhauerei-Klasse experimentiert er während dieser Zeit mit zahlreichen Materialien. 1924 formuliert Schlemmer seine Anforderungen an sein eigenes plastisches Werk: „Die Plastik ist dreidimensional (Höhe, Breite, Tiefe). Sie ist nicht in einem Moment zu erfassen, vielmehr in einem zeitlichen Nacheinander von Standort – Blickrichtung. Da sich die Plastik nicht in einer Ansicht erschöpft, so entsteht ein Bewegungszwang für den Besucher, und erst der Rundgang und die Summe der Eindrücke führt zum Erfassen der Plastik.“ (Tagebuch, 8.1.1924, zit. nach: ebd., S. 58 f.).
In ebendieser künstlerisch so intensiven Phase entsteht 1923 die Figur „Groteske“. Es ist die zweite von insgesamt nur zwei Rundplastiken im gesamten Schlemmer-Œuvre, neben der „Abstrakten Figur“ von 1921/23 (von Maur P 13). Schlemmer fertig zwei Versionen in Nussbaumholz, mit Augen und Mund aus Elfenbein und einem Metallschaft, die Holzbearbeitung übernimmt sein technischer Werkstatt-Meister Josef Hartwig (von Maur P 14.I und P 14.II). Gemäß Schlemmers Forderung lässt sich die Figur nur mit der Ansicht aus verschiedenen Perspektiven in ihrer räumlichen Gesamtwirkung erfassen. Verstärkt wird dies zusätzlich dadurch, dass Schlemmer die Holzfigur mit einem drehbaren Oberteil fertigt. So kann der Fuß in Blickrichtung stehen oder rückwärts in der Gegenrichtung, wodurch sich der Ausdruckscharakter der wandelbaren Holzplastik jeweils erheblich ändert. Bei der Guss-Edition ist das Oberteil der Figur nicht drehbar. In ihrem wundersamen, ironischen Ausdruck ähnelt die „Groteske“ den humorvoll gestalteten Figurinen des „Triadischen Balletts“ aus der selben Entstehungszeit.

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