Details

Mit einer Fotoexpertise von Jens Christian Jensen, Kiel, vom „1.II. 1981“ sowie einer naturwissenschaftlichen Untersuchung zum Malmaterial und zum maltechnischen Aufbau von Prof. Dr. Elisabeth Jägers und Dr. Erhard Jägers, Bornheim, vom 15.12.2008.

Nicht bei Wichmann.

Provenienz:
Galerie Marsyas, München (1981);
Privatsammlung, Deutschland.

Beschreibung

Bis in die 1850er Jahre konzentrieren sich Spitzwegs Bilderfindungen auf die Einzelfigur – dabei ist es immer wieder der in der Einsamkeit lebende Mönch, der sich in seiner Klause eingerichtet hat. Vor dem Eingang zu seiner dunklen Höhle, der keinen größeren Gegensatz zu dem von der Sonne hell erleuchteten Vorplatz bilden könnte, hat der Mönch eine kleine, von niedrigen Mauern eingefasste Terrasse mit Sitzgelegenheit angelegt – er hat sich häuslich eingerichtet, ein Heiligenstock ziert die Außenwand, ein Brunnen plätschert vor sich hin und die bei Spitzweg unvermeidliche Agave grüßt am Eingang. Er ist zwar der freien Natur mit ihrer üppigen, die Klause teilweise überwuchernden Vegetation ausgesetzt, doch hat er alles getan, um sich seine Umgebung so behaglich wie möglich zu gestalten und nutzt die strahlende, wärmende Sonne, um auf der Terrasse zu lesen.
Es ist eine friedvolle, idyllische Stimmung, die sich über den Wald gelegt hat, und es gibt auf dem Gemälde einiges zu entdecken – die frische, patzige Malweise Spitzwegs legt nicht jedes Detail sofort offen, und offensichtlich erwartet er, dass der Betrachter sich Zeit nimmt zum genauen Sehen, zum Entdecken einer Welt, die dem Städter im 19. Jahrhundert zunehmend abhanden gekommen war. Solche Einsiedeleien waren bei Spitzwegs städtischem Publikum ausgesprochen beliebt, führten sie ihm doch vor Augen, was es verloren hatte – die Fähigkeit zur Muße, auch zur Kontemplation, die der Mönch verkörpert. Dem Städter war in einem von Hektik geprägten Alltag nur noch der Sonntag geblieben, an dem er zur Ruhe kommen konnte – nicht nur im Kirchgang, sondern auch in der Verfolgung seiner neuen, vielfältigen Freizeitinteressen. Diese Motive, in denen urwüchsige Natur, alte Gebäude und der Mensch harmonisch miteinander vereint sind, trafen den Nerv der Zeit. Sie ließen sich bei der vom Land in die Stadt gezogenen und dort zu Wohlstand gekommenen Bevölkerung gut verkaufen, die solche romantisierenden Reminiszenzen an die Vergangenheit schätzte.
Es ist dieser Wandel, den Spitzweg zumeist auf ironische Weise als kleine Momente des Glücks dokumentiert und kommentiert, in denen alles Gegenständliche nur angedeutet ist. Auch auf unserem späten, wohl erst um 1880 entstandenem Gemälde offenbart sich in dem kürzelhaften Farbauftrag das scheinbar Ungefähre, das erst aus der Ferne betrachtet seinen großen malerischen Reiz entfaltet, in der sich die pastos gesetzten Farbinseln zu einem Ganzen zusammenfügen. Wie Farbfrische und -intensität, Farbklang und -auftrag, Hell und Dunkel scheinbar selbst zueinander finden, um Farbe, Stimmung und Atmosphäre eines sonnigen, unbeschwerten Tages einzufangen, hat Spitzweg seit seinem Aufenthalt in Paris und speziell in Barbizon 1851 wiederholt erprobt. Zusammen mit Eduard Schleich hatte er die südlich von Paris gelegene Künstlerkolonie Barbizon besucht, deren Maler sich einer realistischen Naturdarstellung verpflichtet fühlten. Die Maler aus Barbizon – etwa Narcisse Díaz de la Peña – haben ihn nachhaltig immer wieder zu solchen Experimenten inspiriert, in denen Spitzweg zu einer reinen Malerei fand, die sich mit einigem Recht als „vorimpressionistisch“ bezeichnen lässt.
Dr. Peter Prange

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