Details

Mit einer Fotoexpertise von Ralph Jentsch, Berlin/Rom, vom 16.4.2020. Die Arbeit wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis der Arbeiten auf Papier aufgenommen.

Literatur:
Jentsch, Ralph, George Grosz 1893-1959. Ein großes Nein – Der visionäre Grosz, Antwerpen 2013, Kat.-Nr. 43, S. 190f. und S. 284, mit ganzseitiger Abb.

Ausstellung:
George Grosz. Ölgemälde und Aquarelle, Galerie Alfred Flechtheim, Düsseldorf 1930, Kat.-Nr. 41 („Der Blinde“);
Impressions du Front: Invalide aveugle. George Grosz – Otto Dix, Musée du Temps, Besançon 2014/15, Kat.-Nr. 29, S. 79 u. S. 110, mit Abb.;
Raw War, Galerie Ronny Van de Velde, Knokke-Heist 2015/16, S. 74f., mit Abb.;
The Art of War, Kazerne Dossin, Malines/Mecheln 2017/18, S. 141 und S. 173, mit Abb.

Provenienz:
Atelier des Künstlers, 1923;
Galerie Alfred Flechtheim, Düsseldorf 1930;
George Grosz, USA, nach 1933;
Associated American Artists Gallery, New York;
Nachlass Elsbeth Bothe, Baltimore, USA;
Galerie Ronny Van de Velde, Knokke-Heist, Belgien.

Beschreibung

• Charakteristische Aquarellzeichnung George Grosz‘ mit subtiler Gesellschaftskritik
• Authentisches, zeitgeschichtliches Zeugnis des Alltags in der Weimarer Republik
• 1930 auf der Grosz-Einzelausstellung der Galerie Flechtheim in Düsseldorf ausgestellt

Wäre da nicht der eindeutige Titel „Blinder Krüppel“, würde das wunderbar großformatige Aquarell eines spazierenden Mannes mit Hund auf den ersten Blick fast wie ein heiteres Großstadtmotiv wirken. Der zarte Pinselstrich, die helle Farbwahl und der angedeutete parkartige Hintergrund mit Zaungitter, Bäumen und einem Denkmal unterstreichen diese harmlos wirkende Szenerie. Doch bei näherer Betrachtung wird schnell klar, dass es sich bei dem dargestellten Mann um einen kriegsversehrten Soldaten handelt, der blind und mit Beinverletzung aus dem Ersten Weltkrieg nach Hause zurückgekehrt ist. Nur mit Hilfe seines Blindenhundes findet er seinen Weg durch die Großstadt, der Stock hilft ihm beim beschwerlichen Gehen. Dennoch trägt er stolz seine Uniform und das Eiserne Kreuz um den Hals. Kriegsinvalide Soldaten, die um ihr tägliches Auskommen betteln mussten, sind in den 1920er Jahren auf den Straßen Berlins ein alltäglicher Anblick. Der Erste Weltkrieg, die Urkatastrophe des frühen 20. Jahrhunderts, führt zu grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen. Nach Kriegsende vergrößern sich soziale Ungleichheit und Ungerechtigkeit zunehmend, zahlreiche Menschen sind von Arbeitslosigkeit und Armut bedroht, viele der Veteranen körperlich oder psychisch dauerhaft versehrt. Auch George Grosz erlebte als Soldat die Grausamkeiten des Krieges, Zerstörung, Verwundung und Tod der Kameraden. Die klassischen Ideale der Kunst haben nach diesen tiefgreifenden Verwerfungen ihre Gültigkeit verloren, daher versucht Grosz das Gesehene und Erlebte mit den Mitteln der Satire und Groteske oder übersteigerter Verfremdung zu erfassen und zu verarbeiten. Er wird zu einem der aufmerksamsten und schonungslosesten Beobachter der Großstadt Berlin der 1920er Jahre.

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