Lucien-Victor Guirand de Scévola

Prinzessin in mittelalterlicher Gewandung

Details

Provenienz:
Wallraf-Richartz-Museum, Köln, verso mit dem Etikett von 1925 (Inv.-Nr. DEP. 443);
Privatbesitz, Süddeutschland.

Beschreibung

Das Œuvre von Guirand de Scévola ist von der kunsthistorischen Forschung bis dato kaum berücksichtigt worden – völlig zu Unrecht, wie wir finden! Neben konventionellen Auftragsporträts der Pariser Haute Société entstanden um die Jahrhundertwende träumerisch verklärte Frauenbildnisse, die, meist in schwere Stoffe gekleidet und überbordend mit Schmuck behangen, Bilder der Königstöchter oder Seherinnen aus den großen Sagen heraufbeschwören. So zieht auch die hier Dargestellte den Betrachter durch ihre unmittelbare Präsenz und Schönheit in ihren Bann. Die junge Frau trägt ein weitärmeliges, mit Edelsteinen besetztes und goldbesticktes Obergewand, darunter ein schlichteres Unterkleid mit hohem Spitzenkragen. Ihre beringten Hände sind wie zum Gebet gefaltet. Am auffallendsten ist ihr Diadem, ein goldener Stirnreif mit einigen eingelassenen Hochkarätern, von dem wallend ein Tüllschleier herabfällt. Sie befindet sich vor einem kulissenhaft aufgebauten Hintergrund. Ihr Haupt wird durch einen von Rosen umrankten Arkadenbogen umrahmt.

Guirand de Scévola war Schüler von Fernand Cormon, bei dem er sich auf die Pastellmalerei spezialisierte. Im Anschluss studierte er wohl bei Pierre Dupuis. Ab 1889 stellte er regelmäßig in den Pariser Salons aus und trat dem Comité de la Société nationale des Beaux-Arts bei. Als die Begeisterung für die englischen Präraffaeliten in den 1890er Jahren auf den Kontinent überschwappte und auch in Frankreich um sich griff, bediente sich Guirand de Scévola ihrer Themen und Ästhetik. Schon zu dieser Zeit war er ein gefragter Porträtist des Adels. Ab 1894 wandte er sich ganz dem Symbolismus zu und malte die Hochwohlgeborenen als strahlende, jenseitige Erscheinungen in märchenhaften Kostümen. Dabei scherte er sich nicht sehr um die historische Akkuratesse der Aufmachung, vielmehr versuchte er seinen Visionen eines erträumten Mittelalters Gestalt zu verleihen. 1906 heiratete er Marie-Thérèse Piérat, Theaterschauspielerin bei der Comédie-Française, für die er gelegentlich die Bühnenbilder entwarf und deren Vorliebe fürs Kostümieren und für bühnenwirksame Auftritte er uneingeschränkt teilte. Da mag es paradox erscheinen, dass Guirand de Scévola später zu fragwürdigem Ruhm als Erfinder der militärischen Tarnung, des Camouflage, gelangte. Er war bereits direkt zu Beginn des Ersten Weltkriegs eingezogen worden. An der Front kam er mit Eugène Corbin, einem Soldaten aus Nancy, und dem Dekorateur Louis Guingot auf die Idee, Artilleriegeschütze mit bemalten Leinwänden zu verhüllen, die sich farblich in die Landschaft einfügten, um ihre Entdeckung durch die feindlichen Truppen zu verhindern. – Teils kleinere Randmängel. Vereinzelt geringfügige braune Fleckchen im Schleier. Insgesamt farbfrisch und in guter Erhaltung.

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