Heinrich Dreber, gen. Franz-Dreber

Landschaftsausschnitt mit Bäumen und Felsen am Abhang

Details

Ausstellung:
Emanuel von Baeyer: Prints and Drawings of Four Centuries. Druckgraphik und Zeichnungen aus vier Jahrhunderten, London, 2001, Kat.-Nr. 110 (mit Abb.).

Provenienz:
Emanuel von Baeyer Cabinet, London, 2001;
Thomas le Claire Kunsthandel, Hamburg;
Privatsammlung, Süddeutschland, in obiger Kunsthandlung 2001 erworben.

Beschreibung

Der Zeichner Heinrich Dreber, erst kürzlich durch eine ausführliche Monografie gewürdigt, entwickelte bereits in frühen Jahren sein außergewöhnliches Talent, nachdem er 1836 zu Ludwig Richter an die Akademie in Dresden gekommen war und dort eine Art „Meisterschüler“ wurde. Zu Beginn der 1840er Jahre, noch bevor Dreber 1843 nach Italien ging, erreichte seine Zeichenkunst Höhen, die ihn neben den großen Zeichnern der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ebenbürtig erscheinen lassen – er verbindet in seinen Blättern auf einzigartige Weise das spätromantische Erbe Richters mit einer realistischen Naturauffassung.
Richter hatte das Arbeiten in der Natur während seines Aufenthaltes in Italien 1823-1826 kennengelernt; nach seiner Rückkehr setzte er diese Praxis in den heimischen Gegenden fort und unternahm mit seinen Schülern Ausflüge in die Umgebung Dresdens, vor allem in die zahlreichen Gründe – zum Teil tiefe, schluchtartige Flusstäler mit bizarren Felsformationen und schroffen Abhängen. Von Dreber existieren verschiedene Darstellungen aus dem Plauenschen Grund, dem Priesnitzgrund und dem Rabenauer Grund, die er während dieser Exkursionen mit Richter anfertigte. Von einem dieser Ausflüge stammt auch unser Blatt, das zwar undatiert ist, aber um 1840 noch in Dresden entstanden ist. An den Rändern und in den Ecken sind noch die Einstichlöcher der Reißzwecken sichtbar, mit der das Blatt auf einer Zeichenunterlage fixiert wurde. Es zeigt einen zerklüfteten, von jungen Bäumen – wohl Buchen – bestandenen Abhang, der seinen großen Reiz aus dem Nebeneinander von Vollendetem und Unvollendetem, von detaillierter Beobachtung und luftiger, skizzenhafter Ausführung bezieht. Wie Dreber sich vom Zentrum bis zur Peripherie vorarbeitet, wie die zeichnerische Präzision und Intensität auf die Mitte gerichtet ist und zum Rand hin lichter und leichter wird, ist charakteristisch für seine frühen Zeichnungen. Dreber verleiht dem Waldstück bei aller Vertikalität der nach oben strebenden Stämme mit ihrem locker skizzierten Blattwerk eine nahezu schwerelose Leichtigkeit; es entsteht eine lichte Transparenz, in der sich die rhythmische Reihung der Baumstämme bei aller Zufälligkeit der Natur gleichsam als eine höhere Ordnung offenbart.
Diese Lichtmetaphorik ist genauso romantisches Erbe wie die Verwendung der dünnen Feder. Die Ernsthaftigkeit, mit der Dreber mit der Feder dem Wurzelwerk nachgeht, das sich schlangengleich verästelt, ruft nicht nur die Präzision der Kupferstiche Albrecht Dürers oder Martin Schongauers in Erinnerung, sondern auch den fantastischen Realismus eines Albrecht Altdorfers oder Matthias Grünewalds. Die Bestimmtheit und Akribie der Feder, mit der Dreber die Natur aufzeichnet, sind der Dürerzeit verpflichtet, deren Rezeption in der Romantik eine bedeutende Rolle spielte. Nicht von ungefähr fühlt man sich von Ferne noch an ähnlich genaue, allerdings ungleich strengere Darstellungen des Waldes von Ferdinand Olivier erinnert.
Bäume und ihr Wuchs waren für Dreber von Beginn an ein wesentliches Motiv seiner Zeichenkunst. Auf zahlreichen Blättern, die im Rabenauer oder Plauener Grund entstanden, hat er sie zum Mittelpunkt seiner Betrachtung gemacht, weil sie – wie er noch 1849 aus Olevano an seinen Malerfreund Emil Schuback schrieb – der „herrlichste Schmuck der Natur“ seien. – Kleinere Randläsuren, unten links ein kleines restauriertes Wurmlöchlein. Reißnadellöchlein in den Ecken. Insgesamt in guter Erhaltung.
Dr. Peter Prange

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