Details

Wichmann 1587.

Literatur:
Carl Spitzweg, Handgeschriebenes Verkaufsverzeichnis. 480 Werke aus den Jahren 1873 bis 1885, wohl Nr. 451 (zusammen mit Nr. 452 „Ständchen“, beide Bilder für 500 Mark an H. Ludwig Lobmeyr verkauft, p. Adr. E. und Lobmeyr, Kärntner Straße, Wien. „15. Nov. (18)81“.
Fritz von Ostini, Aus Carl Spitzwegs Welt. 2. Aufl. Barmen 1924, S. 61, mit Abb.
Guenther Roennefahrt, Carl Spitzweg. Beschreibendes Verzeichnis seiner Gemälde, Ölstudien und Aquarelle, München 1960, S. 217, Kat.-Nr. 776;
Siegfried Wichmann, Carl Spitzweg. Verzeichnis der Werke, Stuttgart 2002, S. 572, Kat.-Nr. 1587.

Provenienz:
Ludwig Lobmeyr (1829-1917), Wien;
Europäische Privatsammlung.

Beschreibung

Ein nächtlicher, blauer Sternenhimmel liegt über der Gasse, die vom Mondschein erfüllt ist. Sie liegt im Licht und wird links über eine verdunkelte Brücke geleitet; dort schwenken fünf Mann einer Wache nach links, voran bereits auf der Brücke ihr Anführer, ihm folgen zwei Querpfeifer und zwei Trommler, die den Zapfenstreich verkünden – die Uhr am reich mit Malereien geschmückten Turm zeigt noch eine Viertelstunde bis 23 Uhr an.
Das für Spitzweg relativ große Gemälde zeigt eine für ihn charakteristische Lichtregie: Während eine Seite der Gasse im Dunkeln liegt, wird die andere Seite vom Mond beschienen und zumeist bewegen die die handelnden Personen an der Grenze zwischen Licht und Dunkel – sie befinden sich am Übergang vom Hell der durch den Mond beschienenen Häuserfront in das Dunkel der Nacht. Seit den 1860er Jahren widmete sich Spitzweg immer häufiger dem Geheimnis der Nacht; er malte Nachtbilder, die den Widerschein des blaugrünen Mondlichts auf den Häusern und die leuchtenden Gestirne am Firmament auf die Leinwand bannten. Zu diesen Nachtbildern gehören seine zahlreichen, damals allgegenwärtigen Scharwachen, und auch die durch die Gassen ziehenden Musiker, die den Zapfenstreich verkündeten – zumeist altgediente Soldaten, oft Teilnehmer der napoleonischen Kriege. Diese pittoresken Szenen sind von hohem malerischen und atmosphärischen Reiz: Das fahle grün-bläuliche Licht taucht das Geschehen in jene geheimnisvolle Stille und das Dunkel der Nacht, die nur punktuell einzelne Sterne und das Mondlicht durchbrechen.
Günther Roennefahrt, der das erste Werkverzeichnis Spitzwegs zusammenstellte, lokalisiert die Szene nach Rothenburg ob der Tauber. Tatsächlich wanderte Spitzweg wiederholt nach Rothenburg – etwa 1864, als er ein Skizzenbuch mitführte und das Schloss, die Festung, vor allem aber die Türme und Mauern zwischen den verwinkelten Vorhöfen zeichnete. Hier entwickelte er die Figur des auf der Festung Strümpfe strickenden Soldaten und schuf auch, allerdings nur vereinzelt, Ansichten dortiger Gebäude wie etwa den Faulturm. Auch unsere Nachtszene könnte mit seinem charakteristischen Turm von dort stammen, doch bietet Spitzweg keine topografische Ansicht; historische Städte wie Rothenburg gaben ihm vielmehr die Anregung zu seinen Nachtszenen, weil dort die verwinkelte Architektur und die engen Gassen besonders pittoreske, von der Poesie des nächtlichen Lichts erfüllte Szenen hervorbrachten.
Ähnlich wie Heinrich Bürkel führte auch Spitzweg ein ausführliches Verkaufsverzeichnis, in dem er Rechenschaft über seine verkauften Gemälde ablegte. Unter der Nummer 451 mit dem Datum 15. November 1881 listet er einen „Zapfenstreich mit Tambour“ auf, den er an den Wiener Glasfabrikanten Ludwig Lobmeyr in der Kärntner Straße verkaufte. Vermutlich handelt es sich um unser Gemälde, das sich ehemals in Lobmeyers Besitz befand.
Dr. Peter Prange

Die Authentizität der vorliegenden Arbeit wurde von Detlef Rosenberger am 22.9.2022 bestätigt.

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