Details

Mit einer Expertise von Professor Dr. Matthias Eberle, Berlin, vom 9.4.2003 (in Kopie). Das Gemälde wird in den Nachtrag zum Werkverzeichnis unter der Nummer 1912/14a aufgenommen.

Ausstellung:
Wir feiern Liebermann! – Leihgaben aus deutschen Sammlungen zu 25 Jahren Max-Liebermann-Gesellschaft, Liebermann-Villa am Wannsee, Berlin 2020/21, Kat.-Nr. 28, mit farb. Abb. S. 139.

Provenienz:
Privatsammlung, Norddeutschland;
Privatsammlung, Hessen;
Privatsammlung, Süddeutschland;
Grisebach, Berlin 27.11.2015, Los 507;
Privatsammlung, Berlin.

Beschreibung

Max Liebermann malt den „Reitknecht mit Pferd“ 1912 in Vorbereitung auf zwei Gemälde, die er im Frühjahr 1913 vollendet und die „Des Künstlers Tochter zu Pferde“ zeigen (vgl. Eberle 1913/8 und 1913/9, heute im Kunstmuseum Düsseldorf bzw. Wallraf-Richartz-Museum, Köln). Seit 1900 finden sich in seinem Œuvre zahlreiche Reiterbildnisse, die meist in Scheveningen am Strand entstehen und bei seinem Publikum sehr beliebt sind. Bereits 1899 äußert er den Wunsch, einmal das Bildnis einer Dame zu Pferde zu malen und hofft auf einen Auftrag von Max Linde, einem Lübecker Sammler, der 1897 zwei von Liebermann bewunderte Reiterporträts von Edouard Manet erworben hatte: „Mit den besten Empfehlungen an Ihre Frau Gemahlin – an die ich sehr oft gedacht habe, wenn ich in Scheveningen Damen zu Pferde sah (Sie wissen ja: c’est mon rêve).“ Dieser Auftrag kommt jedoch nie zustande. Die Einzige, die er Jahre später so porträtiert, ist seine Tochter Käthe (1885-1952), eine sportliche und begeisterte Reiterin.

Traditionell galt das lebensgroße Reiterporträt als höchste Repräsentationsform, die Feldherren und Herrschern wie Marc Aurel, Karl V. oder Napoleon vorbehalten war. Ende des 19. Jahrhunderts übernehmen einige Künstler diesen Bildtypus für bürgerliche Porträts und gerne auch für Damen. Das fast lebensgroße Gemälde „Reiterin im Bois de Boulogne“ (1873) von Auguste Renoir, das 1913 von der Hamburger Kunsthalle erworben wird, ist Liebermann gut bekannt. Er selbst kauft wenig später, im Dezember 1913, bei Paul Cassirer das monumentale „Reiterbildnis des Herrn Arnaud“ von Edouard Manet, das er im Kaminzimmer seines Sommerhauses am Wannsee platziert. Anders als bei diesen großformatigen repräsentativen Gemälden, wählt Liebermann für die Porträts seiner Tochter jedoch ein deutlich kleineres Format (71,5 x 88 cm bzw. 80 x 100 cm) und verzichtet ganz bewusst auf eine exakte Detailausarbeitung und intensive Farbigkeit. Zudem stellt er Pferd und Reiterin von der Seite und nicht frontal dar. „Für Liebermann stand der Porträtcharakter offenbar nicht im Vordergrund. (…) (Das Bildnis) erweist sich als eine Darstellung des modernen Lebens, vorgetragen mit einem breiten, freien Pinselstrich. Wie die französischen Impressionisten wählte Liebermann ein zeitgenössisches Sujet und malte es nach der Natur, nüchtern und ohne jedes anbiedernde Virtuosentum“ (Dorothee Hansen, in: Max Liebermann. Vom Freizeitvergnügen zum modernen Sport, München 2016, S. 51).
Zunächst experimentiert Liebermann 1912 mit dem Motiv ohne die Reiterin, sodass mindestens sechs Versionen des „Reitknecht mit Pferd“ entstehen. Auch unser Gemälde stammt aus diesem Jahr und zeigt die wohl schönste Variante, bei der der Reitknecht nicht vom Pferdekopf verdeckt wird. Aber wie so oft bei Liebermann, ist der eigentliche Hauptakteur auch bei diesem Werk das Licht- und Schattenspiel des Sonnenlichts, das durch das dichte Blätterdach fällt. Im lebhaften Wechselspiel von Hell und Dunkel, den zarten Lichtreflexen und dem im Hintergrund aufblitzenden Hellblau des Himmels zwischen den nur mit summarischen Pinselstrichen erfassten Büschen und Baumkronen beweist Liebermann einmal mehr seine malerische Meisterschaft. Die zahlreichen, im sanft einfallenden Sonnenlicht changierenden Braun- und Grüntöne erzeugen eine harmonische, friedliche Stimmung, die direkt Lust auf einen fröhlichen Ausritt mit dem eleganten, fertig gesattelten Pferd weckt.

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