Zwei Menschen. Die Einsamen
Details
Schiefler 133; Woll 157 IV 1 (von VIII).
Provenienz:
Serui Walberg Mosby, Bergen, Norwegen und Cambridge, MA;
Museum of Fine Arts, Boston ,1957 bei Vorgenannten erworben;
Peter H. Deitsch, New York, 1958 bei Vorgenanntem erworben;
Privatsammlung, Deutschland, durch Erbfolge an die jetzigen Besitzer.
Beschreibung
Zwei Personen am Strand, ein Mann und eine Frau, haben dem Betrachter den Rücken zugewandt. Die räumliche Distanz zwischen ihnen entspricht der Leere des scheinbar endlosen Meeres, das sich vor ihnen ausbreitet. Die Komposition vermittelt ein Gefühl des Verlorenseins der Menschen in den Weiten der Natur und zugleich ihrer Entfremdung untereinander.
Die dunkle Silhouette des Mannes bildet eine Einheit mit dem schwarzen Küstenstreifen, dieses Schwarz steht für Trauer und Melancholie. Dagegen heben sich das helle Kleid der Frau und ihre rötlichen Haare deutlich vom Strand und vom Meer ab. Die Frauenfigur erscheint als entrückte Lichtgestalt aus einer anderen Welt. Sie blickt auf das unendliche Meer hinaus, hat den dunklen Strand gedanklich schon verlassen. Der Abstand zwischen den beiden Figuren, der Kontrast zwischen seiner dunklen und ihrer hellen, farbigen Gestalt und die subtile Drehung des Oberkörpers des Mannes in Richtung der Frau drücken zugleich Anziehung und Distanz aus. Das Ufer, an dem sie stehen, und das Meer, auf das sie blicken, unterstreichen sowohl thematisch als auch visuell die Stimmung von Sehnsucht und Einsamkeit.
Das Motiv „Zwei Menschen. Die Einsamen“ geht – wie auch das zeitgleich entstandene Motiv „Melancholie“ – auf ein Erlebnis im Sommer 1891 zurück, den Munch traditionell im norwegischen Badeort Åsgårdstrand verbringt. Munchs Freund Jappe Nilssen sowie das Malerehepaar Christian und Oda Krohg verleben den Sommer am gleichen Ort, und Munch wird Zeuge der unglücklichen Liebesaffäre des 21-jährigen Freundes Jappe mit der zehn Jahre älteren, verheirateten Oda. Die Beziehung weckt in Munch Erinnerungen an seine eigene, nur wenige Jahre zurückliegende und gleichfalls unglückliche Liebe zu der drei Jahre älteren Frau seines Vetters Carl Thaulow. Zum Ende seiner Affäre hatte er verkündet: „Danach habe ich alle Hoffnung, lieben zu können, aufgegeben.“
Munch entdeckt die Technik des Holzschnitts im Jahr 1896. Mehr noch als die Radierung oder die Lithographie entspricht dieses Medium seinen Vorstellungen von künstlerischer Vereinfachung der Formen und der Übertragung menschlicher Gefühle in ein grafisches Medium.
Der großformatige Farbholzschnitt „Zwei Menschen. Die Einsamen“ stellt ein seltenes und wichtiges Hauptblatt aus Munchs grafischem Œuvre dar. Bereits 1894 entsteht eine Radierung mit diesem Bildmotiv, ab 1899 arbeitet der Künstler an dem Holzstock für unseren Holzschnitt. Die Komposition der beiden Grafiken geht auf ein gleichnamiges Gemälde von 1892 zurück, das 1901 zerstört wurde.
Munch sägt die fertige Holzplatte entlang der Umrisse der Figuren und des Ufers in drei Teile: die Frauenfigur, die Männerfigur samt Strand und das Meer mit Himmel. Diese drei Druckstöcke, die wie die Teile eines Puzzles ineinandergreifen, färbt er unterschiedlich ein und druckt sie dann gemeinsam auf das Papier. Der vorliegende Abzug in Blau, Schwarz, Gelb und Rot entsteht 1917. Von dieser Farbvariante sind nur wenige Exemplare bekannt.
1905, 1906/07 und 1933-35 malt Munch drei weitere Fassungen des Motivs „Die Einsamen“.
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